Am 26. Juni gemeinsam in Düsseldorf gegen das geplante NRW-Versammlungsgesetz auf die Straße!

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Die Demo wird vermutlich größer als erwartet! Deswegen gibt es auf Grund einer polizeilichen Auflage einen neuen Startpunkt! Wir treffen uns am Samstag auf den Rheinwiesen in Düsseldorf (auf der anderen Rheinseite, gegenüber Altstadt und Landtag). Die Auftaktkundgebung beginnt etwas später als vorgesehen, um 13:30 Uhr.
Aus Wuppertal wird es eine gemeinsame Anreise geben.
Treffpunkt 11:45 Uhr HBF auf Gleis 1, Abfahrt 11:58 Uhr

Ob Klimaaktivist:innen, Antifas oder Gewerkschafter:innen – das geplante Versammlungsgesetz bedroht uns alle. Die Kampagne Nationalismus ist keine Alternative (NIKA) NRW und dieInterventionistische Linke (iL) rufen zu einem Block unter dem Motto „YOU CAN’T HOLD US BACK! Gegen eure Nazi-Chats, Knüppel und Verbote.“ auf.
Mehr Hintergrundinfos und alles zur Demo:
www.nrw-versammlungsgesetz-stoppen.de

 


 

Nazis blockieren! Und nicht die Versammlungsfreiheit

Nach dem Polizeigesetz nun das Versammlungsgesetz: Herbert Reuls neues autoritäres Projekt reiht sich perfekt in sein verschrobenes Weltbild ein. Er tut sich schwer damit, dass Menschen von ihren Grundrechten Gebrauch machen. Mit dem Entwurf für ein Landesversammlungsgesetz (VersG-E NRW) wird deutlich, was für viele Aktivist:innen nichts Neues ist. Versammlungen werden im Grundgesetz zwar geschützt, die Landesregierung empfindet diese Form der politischen und zivilgesellschaftlichen Teilhabe aber als lästig.
Als Vorwand für die weitgehenden Einschränkungen verwendet die schwarz-gelbe Landesregierung den Kampf gegen die extreme Rechte. In Zeiten von Polizei-Chatgruppen mit volksverhetzenden Inhalten erscheint ein entschiedenes Vorgehen gegen rechte Kräfte angezeigt – im geplanten Versammlungsgesetz ist dieses Anliegen aber offenbar nur ein Werbeslogan.

Reuls Legendenbildung

Als der Gesetzesentwurf der Landesregierung Ende Januar erstmals bekannt wurde, erklärte der nordrhein-westfälische Innenminister gegenüber der Presse, er wolle mit dem Gesetz beispielsweise verstörende Nazi-Aufmärsche wie im September 2018 in Dortmund verhindern. Damals brannten die Teilnehmer:innen unbehelligt von der Polizei Pyrotechnik ab und skandierten antisemitische Parolen. „Als wären wir wieder im Jahre 1933. Das dulden wir in unserer Gesellschaft auf keinem Fall“, lässt sich Reul zitieren. Tatsächlich findet sich im Gesetz genau eine Vorschrift, die sich gegen die extreme Rechte richtet. Durch den sich auch im SPD-Entwurf befindenden § 19 VersG-E NRW können Versammlungen unter freien Himmel beschränkt, verboten oder aufgelöst werden, wenn sie an historisch bedeutenden Gedenkstätten oder an Tagen des Gedenkens stattfinden und anzunehmen ist, dass dort die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft gebilligt und dadurch der öffentliche Friede gestört wird. Die Einzelheiten sind per Rechtsverordnung zu regeln; es ist davon auszugehen, dass als Termine der 9. November und 27. Januar den Status eines Gedenktages erhalten sollen.
Im Übrigen durchweht das Versammlungsgesetz eher ein autoritärer als ein antifaschistischer Geist. Ganz im Sinne der Hufeisentheorie wird jeder Verweis auf die extreme Rechte durch Ausführungen zur Gefahr durch angeblich nicht weniger schlimme „Linksextremisten“ relativiert.
Auch soll z.B. der Begriff der „öffentlichen Ordnung“ als Voraussetzung für Einschränkungen im Gesetz erhalten bleiben, obwohl der Begriff wegen seiner Unbestimmtheit und Niedrigschwelligkeit unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten problematisch ist. Laut Reul solle dieser Begriff helfen, extrem rechte Parolen zu verhindern. Dabei darf bezweifelt werden, dass es dafür angesichts des weiten Schutzbereichs der Meinungsfreiheit überhaupt Anwendungsfälle gibt. Gegen nicht von der Meinungsfreiheit geschützte Äußerungen, die z.B. den Straftatbestand der Volksverhetzung, Beleidigung oder Bedrohung erfüllen, können ohnehin polizeiliche Maßnahmen ergriffen werden. Reuls Vorgehen gegen die extreme Rechte scheint also darin zu bestehen, der Polizei allgemein weit umfassende Kompetenzen zu geben, die dann auch gegen Nazis genutzt werden könnten.

Störende Gegenproteste?

Was die Landesregierung von antifaschistischen Gegenprotesten hält, zeigt sich auch beim erweiterten Störungsverbot, das § 7 VersG-E NRW regelt. Zukünftig soll nicht nur untersagt sein, eine andere Versammlung „zu behindern oder zu vereiteln“, sondern auch, „Handlungen vorzunehmen, die auf die Förderung [von Störungen] gerichtet sind“. Damit stellt sich der Entwurf gegen ein Urteil des OVG Münster vom 18.09.2012, das feinsinnig herausgearbeitet hatte, dass friedliche Blockaden von der Versammlungsfreiheit umfasst sind, und daher auch Einüben von entsprechenden Handlungen bei sog. Blockadetrainings noch keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit begründe. Die Gesetzesbegründung sagt hingegen: „Die Vorbereitung oder Einübung von Störungshandlungen ist auch dann verboten, wenn ein konkretes Versammlungsgeschehen nicht absehbar ist. Zusammenkommen müssen vielmehr lediglich eine subjektive Verhinderungsabsicht und objektiv Handlungen, die die Durchführung der Versammlung behindern können.“ Damit würde allein wegen Beeinträchtigungen anderer Versammlungen z.B. lokalen Bündnissen gegen Nazis das Recht genommen, Blockadetrainings zur Mobilisierung von Protesten zu nutzen.
Äußerst problematisch sind auch die mit dem Störungsverbot verbundenen Straf- und Bußgeldandrohungen. „Grobe Störungen“ werden – wie auch schon nach dem bisher geltenden Bundesversammlungsgesetz – mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (§ 27 Abs. 4 VersG-E NRW). Andere, also „einfache“ Störungen gelten laut § 28 Abs. 1 Nr. 3 VersG-E NRW zukünftig als Ordnungswidrigkeit (Bußgeld bis 3.000€). Dabei bleibt völlig unklar, ab welchem Grad der Beeinträchtigung durch eine Gegenversammlung eine solche einfache Störung erfüllt sein soll. Es steht zu befürchten, dass die geplante Regelung eine erhebliche Einschränkung von (antifaschistischen) Gegenprotesten zur Folge haben wird. Wer traut sich noch, extrem rechten Redebeiträgen mit lauten Trillerpfeifen zu begegnen, wenn hierfür möglicherweise ein Bußgeld droht? Der kommunikative Zweck der Versammlungsfreiheit erfordert (antifaschistische) Gegenproteste in Sicht- und Hörweite der Ausgangsversammlung. Dies hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach in seiner Rechtsprechung betont. Stattdessen drohen Bußgelder, untersagte Blockadetrainings und große Spielräume für die Polizei.

Was die Polizei für militant hält

Des Weiteren soll im neuen VersG ein weitreichendes sogenanntes Militanzverbot verankert werden und den Ordnungsbehörden so erweiterte Eingriffsmöglichkeiten auf Kundgebungen an die Hand gegeben werden. Neben den juristischen Unklarheiten dieser neuen Regelungen, stellen diese Regelungen die politische Schlagrichtung des Gesetzes heraus.
Der geplante § 18 Abs.1 VersG-E NRW verbietet, „an einer Versammlung teilzunehmen, wenn diese infolge des äußeren Erscheinungsbildes

  1. durch das Tragen von Uniformen, Uniformteilen oder uniformähnlichen Kleidungsstücken,
  2. durch ein paramilitärisches Auftreten oder
  3. in vergleichbarer Weise

Gewaltbereitschaft vermittelt und dadurch einschüchternd wirkt.“
Diese Regelung geht weit über das bisher in § 3 Abs. 1 Bundesversammlungsgesetz (BVersG) geregelte Verbot hinaus, „Uniformen, Uniformteile oder gleichartige Kleidungsstücke als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung zu tragen“. Schon nach der geltenden Rechtslage wird das Uniformverbot so verstanden, dass das Tragen gleichartiger Bekleidung eine suggestivmilitante, einschüchternde Wirkung haben muss. Die Regelung würde also bereits ausreichen, um brachiale Aufmärsche uniformierter Neonazis zu unterbinden. Beobachter*innen stellen aber immer wieder fest, dass die Polizei – wie auch beim von Innenminister Reul geschilderten Beispiel aus Dortmund – auf die bei Aufmärschen der extremen Rechten geäußerten antisemitischen Parolen nicht reagiert. Die neue gesetzliche Handhabe gegen paramilitärisches Auftreten wird daran wohl nichts ändern.
Gleichzeitig schafft das in NRW geplante Militanzverbot die neue Kategorie „in vergleichbarer Weise“, für die es überhaupt keinen Bedarf gibt – zumindest, wenn man auf Nazis und ihre Fackelmärsche zielt. Der Begriff ist weitgehend konturlos und wird daher in der Praxis von der Polizei beliebig genutzt werden können, bevor Betroffene dagegen gerichtlich vorgehen können. Es ist davon auszugehen, dass (neben der Klimagerechtigkeitsbewegung) vor allem antifaschistische Aktionsformen als „militant“ eingestuft werden sollen. Aktivist:innen in schwarzer Kleidung wissen aus eigener Erfahrung, dass die Polizei ihnen in Demonstrationskontexten nicht gerade freundlich begegnet, sondern sie als gefährlich erachtet. Die Gesetzesbegründung geht sogar noch weiter, nennt als Anwendungsbeispiel des Militanzverbots explizit den sog. „schwarzen Block“ und setzt ihn historisch mit SA und SS gleich, was keines weiteren Kommentars bedarf.
Insgesamt eröffnet der Begriff „in vergleichbarer Weise“ der Polizei also große Handlungsspielräume, wird für die Untersagung von Fackelmärschen nicht gebraucht und ist getragen von einer Gesetzesbegründung, die offenbar auf autonome Antifagruppen zielt.

Was das Gesetz nicht leistet

Dass das Gesetz die Raumnahme extrem Rechter erschweren wird, sehen wir nicht. Die extreme Rechte ist in Parteien organisiert, gibt sich bürger:innennah, sitzt in Parlamenten. Wäre Reul wirklich daran gelegen, sich gegen diese durchzusetzen, braucht er dafür kein neues Versammlungsgesetz.
Rechte Raumnahme durch öffentliche Versammlungen wird weiterhin möglich sein. Ohnehin finden rechte Agitationen nicht nur auf politischen Versammlungen statt, sondern vor allem auf privaten Feiern, Parteitagen, Szenetreffen und Rechtsrockkonzerten. Das Störungsverbot gibt natürlich vor, unabhängig von der politischen Ausrichtung der Störenden zu greifen, worauf sich Innenminister Reul auch berufen wird. Dass Nazis regelmäßig gewaltfreie Sitzblockaden veranstalten und damit von diesen Regelungen betroffen wären, ist uns allerdings neu. Das bevorzugte politische Handeln von Nazis bestand schon immer aus Einschüchterungen und Gewalt.
Der vorgebliche „Kampf gegen rechts“ ist also vor allem ein Trojanisches Pferd, um eine Politik des „starken Staates“ durchzusetzen, die auch von der extremen Rechten traditionell beklatscht wird. In der Auseinandersetzung mit Versammlungen gewaltbereiter Faschist:innen, Coronaleugner:innen und ihren parteipolitischen Vertreter:innen hilft das neue Versammlungsgesetz nicht weiter. Oder wie die Ausschwitz-Überlebende Esther Bejarano gesagt hat: „Wer gegen die Nazis kämpft, der kann sich auf den Staat nicht verlassen.“


You can’t hold us back! Gegen eure Nazi-Chats, Knüppel und Verbote.

Aufruf von Nationalismus ist keine Alternative NRW und der interventionistischen Linken (iL) zur NRW-Weiten Demo am 26.06.2021 in Düsseldorf: Versammlungsgesetz NRW Stoppen
Mit dem geplanten Versammlungsgesetz läutet die schwarz-gelbe NRW-Landesregierung unter Herbert Reul und Armin Laschet die nächste Stufe der autoritären Formierung der Gesellschaft ein.
Armin Laschet nutzt hier die nächste günstige Gelegenheit, um sich nach den bundesweit gegen lauten Protest durchgesetzten Polizeigesetzen als harter Hund zu beweisen. Er bedient damit das konservative und rechte Klientel seiner Partei und hofft vielleicht, so auch den ein oder anderen bisherigen Wähler der AfD „zurückzugewinnen“.
Nach vier Jahren Schwarz-Gelb, geprägt von Gesetzesverschärfungen, Schlagstockeinsätzen im Hambacher Forst und der Befeuerung rassistischer Diskurse rund um vermeintliche „Clankriminalität“, können Herbert Reul & Co. uns nicht darüber hinweg täuschen, dass der nächste Law-and-Order-Hammer doch vor allem linke Bewegungen treffen soll.
Erweiterte Möglichkeiten Demonstrant:innen abzufilmen, Erleichterung von Teilnahmeverboten und das „Militanzverbot“, werden in der Öffentlichkeit zwar maßgeblich als Mittel im staatlichen „Kampf gegen Rechts“ verkauft. Allerspätestens nach Fällen wie dem „NSU 2.0“, Nazi-Chatgruppen bei der Polizei, dem Tod von Amed Ahmad in der JVA Kleve und den rechten SEKler:innen in Hanau ist aber klar, im Kampf gegen Faschist:innen und Reaktionäre ist der Staat und sein Personal alles andere als eine Hilfe. Im Gegenteil: Der Sicherheitsapparat ist durchzogen von „Hannibal“-Prepper:innen, Uniter und Nordkreuz. Rassifizierte Menschen werden grundlos kontrolliert, zu Täter:innen gemacht oder sterben im Polizeigewahrsam. Auch an den Außengrenzen der Festung Europa drängen deutsche Polizist:innen Menschen zurück in den Tod. Das zeigt: Gegner:innen faschistischer Zusammenrottungen werden kriminalisiert, während die Faschist:innen mit ihren Freund:innen in den Behörden nicht zu Bangen haben. Und so werden es auch bei zukünftigen Naziaufmärschen wie gewohnt nicht die Faschos selber sein, die eine Steigerung an Repressionen mit Inkrafttreten des neuen Versammlungsgesetzes befürchten müssten, sondern potenzielle Gegendemonstrant:innen, die diesen blockieren oder stören wollen.
Das Gesetzesvorhaben muss auch als ein Baukasten verstanden werden, der das Ziel hat, kommende Bewegungen mit Repression zu überziehen. Damit setzt sich das Versammlungsgesetz an die vorläufige Spitze neoliberaler Aufstands- und Armutsbekämpfung unter autoritärem Vorzeichen. Der Staat schreibt sich selbst das Monopol auf die Anwendung von Gewalt zu, um das Leben seiner Insass:innen zu organisieren und den freien Warenaustausch zu regeln. Als Ausüberin dieses staatlichen Gewaltmonopols ist die Polizei also keine gesellschaftlich neutrale Institution, sondern eine klar politische. Das zeigt sich nicht nur bei der Verteidigung des fossilen Kapitalismus, wenn die Polizei Seite an Seite mit RWEs Werkschutz die Aktivist:innen von Ende Gelände wegprügelt, sondern auch im Alltag. Konkurrenz, Armut und Perspektivlosigkeit erzeugen als „kriminell“ begriffenes Verhalten, wie Beschaffungskriminalität, Fahrtkostenerschleichung oder Diebstahl. Das wiederum bekämpft die Polizei dann, um den Laden am Laufen zu halten.
Dass ausgewählte Expert:innen der Polizei das Versammlungsgesetz nun loben, ist kaum noch verwunderlich, wenn Expert:innen wie Rainer Wendt (Bundesvorsitzender der DPolG), mit ihrem Gerede vom „schwindenden Respekt“ gegen das Polizeipersonal, den Autoritäten die Grundlage für eben solche Maßnahmen lieferten.
Ob Klimaaktivist:innen, Antifas oder Gewerkschafter:innen – das geplante Versammlungsgesetz bedroht uns alle. Als Interventionistische Linke (iL) und Kampagne Nationalismus ist keine Alternative (NIKA) NRW rufen wir zur Demonstration am 26.06. in Düsseldorf auf. Wir lassen uns unseren notwendigen Protest nicht vom Staat, seiner Straßenverkehrsordnung und seinem Gewaltmonopol vorschreiben.
Wenn das schwarz-gelbe Gruselkabinett weiter an der Eskalationsschraube schraubt, dann heißt das für uns: You can’t hold us back!
https://www.nationalismusistkeinealternative.net/you-cant-hold-us-back-gegen-eure-nazi-chats-knueppel-und-verbote/

Terminhinweis: Forum gegen Polizeigewalt und Repression – Demo gegen das #Polizeiproblem am 5. Juni in Essen

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In NRW hat sich die Polizei Essen immer wieder besonders hervor getan, wenn es um Fälle rassistischer Polizeigewalt geht, die in zwei Fällen in den letzten Jahren für die Betroffenen tödlich endeten. Im Herbst sorgte der Fall am Polizeipräsidium Essen/Mülheim, wo durch einen Zufallsfund auf dem Handy eines Polizisten, mindestens fünf Whats App Gruppen mit rechten und rassistischen Inhalten aufflogen, für viel Aufsehen. Auch der Lagebericht des NRW Innenministeriums, laut dem es keine rechte Netzwerke innerhalb der Polizei geben würde, und das geplante Versammlungsgesetz verdeutlichen nochmal, dass es weiterhin wichtig ist mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen einen Gegenstandpunkt sichtbar zu machen und sich gegen die immer weitreichendere autoritäre Formierung der Gesellschaft zu organisieren.
Daher hat das Bündnis „Forum gegen Polizeigewalt & Repression“ – nach der Kundgebung bei Innenminister Herbert Reul im letzten Jahr in Leichlingen – für Samstag, den 5. Juni um 13 Uhr Kundgebung und Demonstration in Essen angemeldet.
Aus einigen Städten gibt es eine gemeinsame Anreise. Auch aus Wuppertal:
Treffpunkt 11:10 Uhr HBF auf Gleis 4, Abfahrt 11:23 Uhr – Gleis 4 – S 9
weitere Infos und Hintergründe gibt es hier:
https://forumnrw.noblogs.org/ | Twitter: @forumnrw
Forum gegen Polizeigewalt und Repression | Demonstration am 05.06.2021 in Essen | Polizei NRW: „Wieviele Einzelfälle braucht es für ein rechtes Netzwerk?“


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Solingen 1993 – Niemals vergessen – Unutturmayacağız!

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29. Mai 2021 11:00 Uhr
Gedenkkundgebung an der Unteren Werner Straße
Musik mit Uli Klan und Asli Dila Kaya
Redebeiträge:
Ali Dogan, für den Türkischen Volksverein Solingen und die Alevitische Kulturgemeinde Solingen
Doğan Akhanlı, Autor (Köln/Berlin)
Dietmar Gaida, Solinger Appell
Fortschrott
Kazın Gündoğan, Autor (Köln)
Uli Klan, Armin T. Wegner Gesellschaft
Veranstalter*innen:
Solinger Appell und Kein Platz für Nazis – Wuppertal mit Unterstützung des Türkischen Volksvereins Solingen, der Alevitischen Kulturgemeinde Solingen, der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen, der Initiative Herkesin Meydanı – Platz für Alle – Köln.

„Ich sehe noch heute das rauchende Haus, die schreienden und weinenden Menschen, den Schock in ihren Augen und mich, wie ich ratlos vor dem Fernseher saß und Tränen in den Augen hatte.“
Am 29. Mai 1993 starben fünf Menschen bei einem Brandanschlag in Solingen. Gürsün İnce, Hatice Genç, Gülüstan Öztürk, Hülya Genç, Saime Genç kamen ums Leben. Ein sechs Monate alter Säugling, ein dreijähriges Kind und der 15 Jahre alte Bekir Genç wurden mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Bekir Genç erlitt schwerste Verbrennungen und unterzog sich seit dem Anschlag insgesamt 30 Operationen und Hauttransplantationen. 14 weitere Familienmitglieder erlitten zum Teil lebensgefährliche Verletzungen.
Der Anschlag in Solingen war damals der schreckliche Höhepunkt einer massiven Hetzkampagne gegen Geflüchtete und hier lebenden Migrant*innen. Leider folgten zahllose weitere rassistische und antisemitische Verbrechen – die Blutspur der Mörder führte von Mölln, Solingen, über die NSU-Morde bis nach Kassel, Halle und Hanau.
Auch die Infiltrierung, die Finanzierung und der Schutz von Nazistrukturen seitens des Verfassungsschutzes hat nie aufgehört. Wir werden die verhängnisvolle Rolle von VS-Spitzel Bernd Schmitt im Zusammenhang mit dem Solinger Brandanschlag nie vergessen. Genauso wenig wie die zahllosen V-Männer, die das Umfeld des NSU erfolgreich infiltriert hatten, aber keinen der Morde verhindert haben.
Viele unserer Forderungen von 1993 sind traurigerweise nach wie vor aktuell:
z.B.
– Auflösung des Verfassungsschutzes und sofortiger Stopp jeglicher Subventionen rechter Organisationen durch staatliche Behörden!
– Schluss mit dem institutionellen Rassismus der Behörden!
– Gleiche politische und soziale Rechte für alle hier lebenden Menschen!
Wir laden alle Menschen ein, den Opfern des rassistischen Anschlags von Solingen zu gedenken.
Bringt bitte alle Blumen mit.
Das Problem heißt Rassismus! Bekämpfen wir ihn – immer und überall.

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19.02.2021 – Hanau ist überall! Gedenkdemonstration in Wuppertal

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Wir klagen an und fordern Taten statt Worte: Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen!Am 19. Februar jährt sich das rechtsterroristische Attentat von Hanau, bei dem 9 Menschen aus rassistischen Motiven ermordet wurden, zum ersten Mal. Auch ein Jahr nach dem Anschlag gibt es viele Fragen ohne Antworten, keinerlei Aufklärung und Konsequenzen. „Wir brauchen Taten statt Worte. Wir können nicht auf den nächsten Anschlag warten!“ so lautet der eindringliche Appell aus Hanau an die Öffentlichkeit. Mehrere Initiativen und Gruppen rufen zu einer Gedenkdemonstration am 19. Februar in Wuppertal-Barmen auf. Auftakt ist um 17 Uhr auf dem Geschwister-Scholl-Platz, die Demo führt über die B7 bis zum Berliner Platz.
19.02.2021 – Hanau ist überall! Gedenkdemonstration in Wuppertal-Barmen - 17 Uhr - Geschwister-Scholl-Platz
„Wir klagen an und klären auf! Wir fordern politische Konsequenzen!“
Am 14. Februar haben die Angehörigen, Überlebenden und die Initiative 19. Februar die Ergebnisse ihrer Recherche offengelegt und die Kette des Versagens nachgezeichnet.


Say their names!
Gökhan Gültekin
Sedat Gürbüz
Said Nessar Hashemi
Mercedes Kierpacz
Hamza Kurtović
Vili Viorel Păun
Fatih Saraçoğlu
Ferhat Unvar
Kaloyan Velkov


Aufruf zur Gedenkdemonstration am 19. Februar 2021 in Wuppertal-Barmen

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Kundgebung zum 20. Jahrestag des NSU – Anschlags in der Kölner Probsteigasse

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ERINNERN, ANKLAGEN, HANDELN. | Dienstag, 19.01.21 | 17 Uhr | Probsteigasse, Köln
ERINNERN, ANKLAGEN, HANDELN.
Am 19. Januar 2021 jährt sich der Anschlag der Terrororganisation Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) in der Kölner Probsteigasse zum 20. Mal. Zu diesem Anlass werden wir um 17 Uhr eine Gedenkkundgebung in der Probsteigasse durchführen. Der Anschlag, sowie weitere rechte Anschläge in Köln, sollen nicht vergessen werden; die Forderung nach Aufklärung nicht verhallen.
Anschlag des NSU in der Probsteigasse
Beim Sprengstoffanschlag des NSU in einem Lebensmittelgeschäft in der Kölner Probsteigasse wurde Masha M., die Tochter des Geschäftsbesitzers mit iranischer Migrationsgeschichte, schwer verletzt und überlebte nur durch Glück. Der zweite Anschlag des NSU in Köln traf 2004 die Keupstraße. Über zwanzig Menschen wurden schwer verletzt, auch hier gab es nur durch Glück keine Toten.
Nach der Selbstenttarnung des NSU 2011 und einem fünf Jahre andauernden Prozess vor dem Oberlandesgericht München wurde im Sommer 2018 das Urteil gesprochen. Es war für viele Betroffene erneut ein Schlag ins Gesicht. Der Gerichtsprozess um die NSU hat bei Weitem nicht die versprochene lückenlose Aufklärung gebracht.
Nicht aufgeklärt
Die Polizei ermittelte nach der Tat im Jahr 2001 nicht bzw. unzureichend in die Richtung eines rassistischen Tatmotivs. Im Gegenteil: Zuerst wurde die betroffene Familie verdächtigt. Im Fall der Probsteigasse, wie auch bei anderen Anschlägen des NSU, wurden die Opfer zu Täter:innen gemacht. Die Behörden folgten hier rassistischen Mustern und ordneten People Of Colour einem „kriminellen Milieu“ zu. Im Fall Probsteigasse bleiben weitere Fragen: Wer waren die (Mit-)Täter:innen? Welche Rolle spielte der Verfassungsschutz bei den Taten des NSU? Auch wenn wir keine zufriedenstellenden Antworten von den Behörden erwarten, werden wir weiterhin auf Aufklärung drängen!
Rechter Terror in Köln
Nach der deutschen Wiedervereinigung 1989 kam es bundesweit in den folgenden Jahren zu einem dramatischen Anstieg rechter Gewalt, begleitet von einer medialen Kampagne gegen Geflüchtete. Während in der Politik und der Bevölkerung darüber diskutiert wurde, wie die „Asylantenflut“ einzudämmen sei, waren rassistisch motivierte Ausschreitungen wie in Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen oder Anschläge in Hünxe, Mölln und Solingen an der Tagesordnung.
Drei weitere Ereignisse reihen sich in diese Aufzählung ein, sind jedoch weit weniger bekannt: Ende 1992 legten unbekannte Täter:innen eine Paketbombe vor die Tür einer türkischstämmigen Familie in Köln-Ehrenfeld. Nur durch Zufall zündete nicht der Sprengsatz, sondern lediglich der Zünder der Bombe, der zwei Menschen schwer verletzte. Sonst hätte es Tote gegeben. Im Frühjahr 1993 versteckten Unbekannte kleine Sprengsätze in Haushaltsgeräten und deponierten sie in Straßen in Köln-Bilderstöcken und Weidenpesch, die überwiegend von Menschen mit Migrationsgeschichte bewohnt waren. Zwei Menschen wurden schwer verletzt, als sie die Geräte aufhoben.
Und schließlich verübten am 26. Januar 1994 Unbekannte einen Brandanschlag auf eine Notunterkunft in Köln-Gremberg, in der unter anderem geflüchtete Roma untergebracht waren. Zwei Menschen starben, sechs weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Die Vertreter:innen von Behörden oder der Stadt kümmerten sich nicht um die Familie. Stattdessen wurde sie mit Abschiebung bedroht.
Unaufgeklärte Anschläge in Köln
In keinem dieser Fälle konnten die Täter:innen ermittelt werden. Ein rassistischer Hintergrund der Taten wurde kaum in Betracht gezogen. Die Perspektiven der Opfer und ihrer Familien spielten keine große Rolle. Die Medien übernahmen größtenteils die polizeiliche Erzählung eines „verrückten Einzeltäters“.
Dabei gleichen zwei der vom NSU verübten Anschläge in der Vorgehensweise stark den unaufgeklärten Anschlägen in Köln aus den 1990er Jahren. Neben der Probsteigasse ein Anschlag auf eine türkeistämmige Reinigungskraft in einem Lokal in Nürnberg. Dieser Sprengstoffanschlag gelangte jedoch erst vierzehn Jahre später überhaupt in den Fokus der Ermittlungen, als rechte oder rassistische Gewalt nach der Selbstenttarnung des NSU zu einem nicht mehr zu ignorierenden Thema wurde. Auch und gerade weil die Opfer und Angehörigen diese Auseinandersetzung vehement einforderten.
Nährboden für rechte Gewalt
Rechtsterrorismus ist Teil einer viel umfangreicheren Gewalt von rechtsaußen und für die Betroffenen eine alltägliche Realität in Deutschland. Sie vollzieht sich nicht im luftleeren Raum, sondern wird ausgeübt vor dem Hintergrund politischer Debatten und gesellschaftlicher Verhältnisse. Täter:innen fühlen sich bestätigt von einem politischen Klima, in dem sich die Grenzen des Sagbaren online wie offline immer weiter verschieben und die Feindbildbestimmung zur Normalität der politischen Auseinandersetzung geworden ist. Kassel, Halle und Hanau sind der traurige Beweis dafür.
Diese von Hetze und Menschenverachtung geprägten Diskussionen werden nicht zuletzt von der AfD vorangetrieben. Die Partei und ihr Umfeld sind geprägt von autoritären Gesellschaftsbildern und propagieren ein als ethnisch homogen gedachtes Volk. Diejenigen, die nicht diesen Vorstellungen entsprechen, sollen ausgeschlossen werden. Viele der selbst ernannten Querdenker:innen verbreiten ähnliche nationalistische Ideen, Antisemitismus sowie Verschwörungserzählungen. Und so bereiten sie zusammen mit AfD & Co den Nährboden für rechte Gewalt .
Die Solidarität mit Betroffenen rechter Gewalt muss auch immer ein konsequentes Eintreten gegen den (Alltags-)Rassismus, Antisemitismus und völkischen Nationalismus beinhalten – egal wer ihn vertritt. ​​​​​​​
Vor diesem Hintergrund wollen wir am 19.01.2021, dem zwanzigsten Jahrestag des Probsteigassenanschlags, allen Betroffenen und Todesopfern rechter Gewalt gedenken!

Dienstag, 19.01.21 | 17 Uhr | Probsteigasse, Köln

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Terminhinweis: Gedenkkundgebung für Şahin Çalışır am 27.12. in Neuss – Nichts und Niemand ist vergessen!

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Am 27. Dezember 2020 rufen verschiedene antifaschistische, antirassistische und migrantische Initiativen aus NRW zu einer Gedenkkundgebung für Şahin Çalışır auf. Şahin Çalışır ist ein weitgehend vergessenes Opfer der Nazibewegung der Neunziger Jahre.
 


Unutturmayacağız! Nichts und Niemand ist vergessen! Gedenkkundgebung für Şahin Çalışır am 27. Dezember in Neuss

Şahin Çalışır
27.12.1992

Unutturmayacağız!
Nichts und Niemand ist vergessen!

Gedenkkundgebung am 27.12.2020 um 12.00 Uhr vor dem Amtsgericht Neuss, Breite Str. 48

Wir trauern um Şahin Çalışır.
Şahin Çalışır starb vor 28 Jahren auf der Autobahn bei Meerbusch. Der aus Duisburg stammende 20 jährige Şahin Çalışır hatte gerade seine Ausbildung bei Thyssen abgeschlossen. Am 27. Dezember 1992 machten drei rechte Solinger Hooligans u.a. der einschlägig vorbestrafte Klaus Evertz und der bei Hak Pao organisierte Lars Schoof mit ihrem Auto auf der A 57 Jagd auf Ausländer. Sie versuchen ein Auto mit türkischen Menschen zu rammen. Şahin Çalışırs PKW wird mehrfach bedrängt und schließlich touchiert. Der PKW drehte sich und gerät in die Leitplanken. Şahin Çalışır und seine zwei türkischen Begleiter flüchteten voller Panik auf die Autobahn. Şahin Çalışır wird dabei von einem nachfolgendem Auto überfahren und getötet.
11 Monate später, der Solinger Brandanschlag war noch keine 5 Monate her, konnte das Schöffengericht Neuss kein „ausländerfeindliches“ oder gar ein rassistisches Motiv für die Verfolgungsjagd erkennen. Obwohl dem Gericht ein Brief des Fahrers Evertz vorlag, in dem er über den getöteten Şahin Çalışır folgendes geschrieben hatte: „Das mit dem Herumlaufen hat sich für ihn erledigt.“ Der Fahrer Evertz, bereits als rechter Hooligan einschlägig vorbestraft, erhielt nur 15 Monate Haft wegen „fahrlässiger Tötung“ und „fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung“.
Dass im Auto von Evertz zwei weitere rechte Hooligans saßen, spielte im Prozess auch keine Rolle. Der Beifahrer von Evertz, Lars Schoof, trainierte z.B. in der Karateschule HAK Pao unter V-Mann Bernd Schmitt in Solingen-Gräfrath und war als Ordner für die rechtsextreme „Deutsche Liga für Volk und Heimat“ tätig. Bei Hak Pao verkehrten auch die späteren Brandstifter von Solingen.
Wahrscheinlich wollte die Polizei und der Verfassungsschutz nicht ihre Geheimdienst-Operationen rund um die Kampfsportschule Hak Pao stören lassen.
Kundgebung u.a. mit:
Kutlu Yurtseven – Herkesin Meydanı – Platz für Alle
Angehörige von Şahin Çalışır (angefragt)
Vertreterin vom Solinger Appell Migrantifa NRW Vertreterin von Bürger*innen beobachten die Polizei Wuppertal / neue Folge
Vertrauensmann bei ThyssenKrupp (angefragt)

Achtet auf weitere Ankündigungen!
Erinnern heißt handeln!
Es rufen auf:
Kein Platz für Nazis Wuppertal
Initiative Herkesin Meydanı – Platz für Alle – Köln
Solinger Appell
Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen – Wuppertal
Initiative DU 26. August 1984
Initiative Amed Ahmad
Migrantifa NRW
Kampagne bis zur Auflösung des Verfassungsschutzes – Bergisch Land
Autonomes Zentrum Wuppertal
Seebrücke Wuppertal
FAU Bergisch Land
Antifaschistische Aktion Neuss
Bürger*innen beobachten die Polizei Wuppertal / neue Folge
Kurdischer Frauenverein JIYAN e.V.
Deutsch-kurdischer Freundschaftsverein Wuppertal e.V.
AGIF (Föderation der ArbeitsmigrantInnen in Deutschland e.V.
Kein Mensch ist illegal – Wuppertal
Antifa-Arbeitskreis an der Hochschule Düsseldorf
SJD – Die Falken Stadtverband Neuss
Interventionistische Linke Köln
Rote Bande Düsseldorf

 


Şahin Çalışır
27.12.1992
 
 
 
 
 

Unutturmayacağız!

Nichts und Niemand ist vergessen!

Duisburglu Şahin Çalışır, 27 Aralık 1992 sabahı 57 numaralı otoyolda Meerbusch (Kuzey Ren-Vestfalya) civarında ölür. Daha önce kullandığı araba ile Solingenli sabıkalı sağcı holigan Klaus Evertz tarafından takip edilir ve defalarca sıkıştırılır. Arabası dönüp otoyol bariyerlerine savrulur. 20 yaşındaki Şahin Çalışır ve beraberindeki iki Türk arkadaşı korkarak otoyola kaçarlar, bu sırada Şahin Çalışır’a otoyolda seyreden başka bir araba çarpar.
Neuss’taki jüri mahkemesi, otoyoldaki taciz ve kovalamada „yabancı düşmanı“, hele ırkçı bir neden görmeyip 23 yaşındaki Klaus Evertz’e ekim 1993’te taksirle adam öldürmek ve trafik güvenliğini tehlikeye sokmaktan 15 ay ceza verir. Klaus Evertz, cezaevinden kurban hakkında, „artık ortalıkta dolaşamayacak“ diye yazar.
Evertz’in beraberindeki Lars Schoof, o dönemde Solingen-Gräfrath’ta istihbarat ajanı Bernd Schmitt’in yönettiği HAK Pao’da antreman yapmakta ve aşırı sağcı „Deutsche Liga für Volk und Heimat“ için güvenlikçi olarak görev almaktadır.
Şahin Çalışır’ın 28. ölüm yıl dönümünde, 27.12.2020’de, saat 12:00’de, Neuss yerel mahkemesi önünde bir anma toplantısı hazırlıyoruz!
Gelecek yeni duyuruları dikkate alın!

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Rassismus & rechte Netzwerke bei der Polizei – Demonstration gegen Polizeigewalt und rechte Strukturen am 27. Oktober

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Aktuell wird viel von rechten Netzwerken in Bundeswehr, Verfassungsschutz und Polizei, sowie von gesellschaftlichem und institutionellem Rassismus geredet. Rassismus und rassistische Polizeigewalt sind dabei kein US-Phänomen, sondern auch bei der deutschen Polizei kein Einzelfall: „Racial Profiling“ ist an der Tagesordnung, immer wieder berichten People of Colour (PoC) von Misshandlung durch Polizist*innen, immer wieder werden Menschen aus rassistischen Motiven von der Polizei ermordet.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) lehnen eine Studie zu rechten Einstellungen und zum strukturellen Rassismus bei der deutschen Polizei ab. Ihre Logik: Rassismus bzw. „Racial Profiling“ ist verboten, also gibt es dies bei der Polizei nicht.
In der Presse werden fast täglich neue rechte „Einzelfälle“ in Sicherheitsbehörden bekannt. Doch das Problem mit rechten Tendenzen bei Beamt*innen ist nicht neu.
2011 wird gegen den Wuppertaler Polizisten Markus Preuß, der das Naziproblem im Stadtteil Vohwinkel geleugnet hatte, ein Disziplinarverfahren geführt und er wird als Leiter der Polizeiwache Wuppertal-Vohwinkel abberufen.
Vorfälle dieser Art gab es schon immer. So brüstet sich die AfD, in Sicherheitsdiensten wie z.B. der Polizei viele Sympathisant*innen zu haben. „Law and Order“, als ein Schwerpunkt der AfD, ist schließlich bei der Polizei Hauptgeschäft.
Im Polizeipräsidium Wuppertal, das als Kreispolizeibehörde für das bergische Städtedreieck Wuppertal, Remscheid und Solingen zuständig ist, arbeitet der AfD-Politiker Dietmar Gedig als Polizeikommisar. 2017 geriet Gedig, Solinger AfD-Vorstandsmitglied und ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der Jungen Alternative NRW, in die Schlagzeilen nachdem er auf der Delegiertenversammlung der AfD zur Aufstellung einer Landtagswahlliste in Euskirchen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als „wahnsinnig“ und „kriminell“ bezeichnete. Nach diesen Äußerungen wurde zwar ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet (https://www.solinger-tageblatt.de/solingen/afd-kandidat-attackiert-kanzlerin-7046391.htmlhttps://www.solinger-tageblatt.de/solingen/afd-kandidat-attackiert-dienstherren-kanzlerin-7045333.htmlhttps://www.solinger-tageblatt.de/solingen/polizist-darf-merkel-kriminell-nennen-8224636.html), Gedig arbeitet bis heute im Polizeipräsidium Wuppertal.
Das Wuppertaler „Bündnis gegen Polizeigewalt und rechte Strukturen“ nimmt unter anderem die aktuellen Fälle in NRW und mehrere Gerichtsverfahren gegen Aktivist*innen in Wuppertal zum Anlass auf die Straße zu gehen und ruft für den 27. Oktober zu einer Demonstration gegen Polizeigewalt und rechte Strukturen auf. Wir rufen dazu auf sich an der Demonstration zu beteiligen. Los geht es um 17:30 Uhr am Wuppertaler Landgericht. Vor der Polizeiwache am Hofkamp ist eine Zwischenkundgebung geplant, die Demo endet am Hauptbahnhof.
Das Problem heißt Rassismus!
Gegen die autoritäre Formierung, gegen rechte Netzwerke in Polizei und Behörden!
Entnazifizierung Jetzt!
#Polizeiproblem
Aufruf vom „Bündnis gegen Polizeigewalt und rechte Strukturen“:

Auf die Straße gegen Polizeigewalt und rechte Strukturen! Gemeinsam den Rassismus in Staat und Gesellschaft bekämpfen.

Der Auftakt der Demo findet am 27.10 um 17:30 Uhr vor dem Landgericht statt. Von da aus geht es zur Zwischenkundgebung an die Polizeiwache am Hofkamp, über den Neumarkt zur Zwischenkundgebung am Kasinokreisel und dann zum Hauptbahnhof.
Am Dienstag dem 27.10.2020 werden im Landgericht Wuppertal die Urteile gegen zwei Angeklagte in den Verfahren zum Autonomen 1. Mai 2018 gesprochen. War der gesamte Einsatz 2018 bereits ein großangelegter und versammlungsrechtlich unzulässiger Angriff auf linke Strukturen durch die Polizei, treiben Staatsanwaltschaft und Richterschaft das repressive Vorgehen weiter auf die Spitze. Die Betroffenen werden zu drakonischen Haftstrafen verurteilt, obwohl ihre Beteiligung an den vorgeworfenen Taten nicht ansatzweise nachgewiesen werden kann. Wir erleben wie Menschen nur aufgrund ihrer politischen Haltung bestraft werden. Rechtsstaatliche Grundsätze, wie die Unschuldsvermutung, werden mit Füßen getreten. Wir wollen die Verkündung der Urteile zum Anlass nehmen, breite Kritik auf die Straße zu tragen, denn das Problem ist bei Weitem größer, als eine Wuppertaler Polizei, die etwas gegen Linke hat. 
In den letzten Wochen gab es fast täglich Berichte über neue Chatgruppen, in denen Mitglieder von Polizei und Verfassungsschutz menschenverachtende Hetze verbreiteten. Es ist völlig absurd, noch von Einzelfällen zu sprechen. Die Polizei hat ein Rassismusproblem.
Auch in Wuppertal erleben wir seit Jahren immer heftigere Übergriffe der Polizei. Besonders migrantische und linke Menschen werden dabei wieder und wieder zu Opfern der brutalen Polizeiwillkür. Allein in den letzten Wochen kam es zu unzähligen Vorfällen.
Beim Parking Day auf dem Laurentiusplatz verhängte die Polizei erst die Auflage, Masken zu tragen und zeigte anschließend Menschen wegen Vermummung an, weil sie zusätzlich noch eine Mütze trugen oder verteilte Bußgelder an Menschen, die die Maske kurzzeitig nicht über Mund und Nase gezogen hatten. Das gleiche Vorgehen war bei einer Demonstration für die Geflüchteten auf Moria am Döppersberg zu beobachten. Bei beiden Aktionen fiel auf, dass vor Allem migrantisch aussehende junge Menschen herausgepickt wurden. Im April schikanierte die Polizei die Teilnehmenden eines Gedenkens für den zuvor in Celle durch einen Rassisten ermordeten Arkan Hussein Khalaf und verhängte Geldstrafen über tausende von Euros, obwohl die Menschen auf Infektionsschutz achteten.
Bei der Wuppertaler „Ayayay – dieses Patriarchat“ Nachttanzdemo zum 8.März kam es auch zu Anzeigen. Diese richten sich zum einen gegen die Anmelderin der Versammlung, die wegen eines Verstoßes gegen das Vereinsgesetz und Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz angezeigt wurde. Begründung: Am Lautsprecherwagen hing ein linksunten.indymedia-Transparent. Außerdem richtet sich eine Anzeige gegen eine Rednerin, bei der die Polizei behauptet von ihr beleidigt worden zu sein.
Am 1.Mai 2020 kam es zu einem skandalösen Großeinsatz der Polizei in der Wuppertaler Nordstadt, bei dem es reihenweise heftige Anzeigen gegen unschuldige Menschen hagelte. Hier wurde sogar Kleinkindern angedroht, dass ihre Eltern in  Gewahrsam und sie in die Notbetreuung kämen.
Ein Dauerthema ist die stetige Repression gegen die kurdische Befreiungsbewegung und ihre Sympathisant:Innen, die vor Kurzem in Hausdurchsuchungen auf Grund von Posts bei Facebook gipfelte.
Das Programm des NRW-Innenministers schlägt in Wuppertal voll durch. Neben politisch aktiven Menschen trifft das auch BewohnerInnen der Stadtviertel. So kommt es im Stadtgebiet immer wieder zu stundenlangen Belagerungen von migrantisch geprägten Vierteln. Hunderte von Cops, die teilweise offen rassistisch Menschen anhand ihrer Hautfarbe oder ihres Aussehens kontrollieren und schikanieren, werden gedeckt und unterstützt von Bund und Ländern.
Die Politik von Reul führt zu mehr Polizeigewalt und die ist tödlich!
Die Angriffe von Polizisten, die tödlich enden, nehmen zu! In Wuppertal-Wichlinghausen wurde am 7. Dezember 2019 der 25-jährige Max von der Polizei erschoßen. Sein Vergehen? Er hatte mit einem Hammer Außenspiegel von parkenden Autos abgeschlagen.
Es reicht! – Warum sind es immer wieder die gleichen Beamten, die auffallen?
Weil in Wuppertal immer wieder bestimmte Beamte durch ihre besondere Brutalität hervortreten, werden wir am 27.10. vor der Wache Hofkamp einen Stopp einlegen, um dort eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen uns namentlich bekannten und besonders in Erinnerung gebliebenen Einsatzleiter zu überreichen.
Außerdem fordern wir eine unabhängige Ermittlungsgruppe zu rechten Netzwerken bei der Wuppertaler Polizei und die Aufklärung all der Fälle von Polizeigewalt und -willkür der letzten Jahre.
Kommt zahlreich, passt auf euch und andere auf. Seid kreativ und laut!
Die Täter*innen in Uniform zur Rechenschaft ziehen!
Polizeigewalt und rechten Strukturen entgegen treten!
Bündnis gegen Polizeigewalt und rechte Strukturen 
 
Wuppertal, Oktober 2020 
Wichtige weitere Termine:
28.10.2020 – Prozesstermin wegen der Anzeigen vom 8.März
9.11.2020 – Gedenkaktion zu den antisemitischen Pogromen von 1938 „Erinnern heißt Handeln!“
 

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Terminhinweis: Forum gegen Polizeigewalt und Repression – Kundgebung am 8. August "vor der Haustür" von NRW-Innenminister Herbert Reul in Leichlingen

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Aufruf vom Bündnis „Forum gegen Polizeigewalt und Repression“ zur Kundgebung gegen Polizeigewalt und repressive Innenpolitik in NRW, für die Innenminister Herbert Reul verantwortlich ist, am 8. August in Leichlingen (Rheinland).
Aus verschiedenen Städten gibt es eine gemeinsame Anreise.

Forum gegen Polizeigewalt und Repression
am 8.8. laut gegen Reuls Sicherheitspolitik
Leichlingen bei Köln

Kundgebung ab 13 Uhr – Neuer Stadtpark
Mindestens zehn Menschen starben in NRW in den letzten drei Jahren durch Polizeikugeln. In diesen Fällen präsentiert die Polizei fast immer die gleiche Geschichte: Die Beamt*innen seien angegriffen worden und hätten in Notwehr schießen müssen, eine andere Entschärfung der Situation sei nicht möglich gewesen.
So auch im Juni 2019, als der 32-jährige Adel B. in Essen von einem Polizisten erschossen wurde, da er mit einem Messer auf drei Polizist*innen zugestürmt sei. Das Handyvideo eines Nachbarn zeigt allerdings einen anderen Ablauf der Geschehnisse: Die Polizei erschoss Adel B. durch eine Haustür. Der Nachbar erzählt zudem, Polizist*innen hätten das Video von seinem Handy gelöscht, er konnte es nur aus einer Cloud wieder herstellen. Trotz dieser Widersprüche und Falschaussagen der Polizist*innen bleibt die Staatsanwaltschaft bei der Notwehrtheorie und stellte die Verfahren gegen die beteiligten Beamt*innen ein. Die benachbarten Polizeidirektionen ermittelten und Staatsanwaltschaften und Gerichte folgen unkritisch der polizeilichen Darstellung, so dass die tödlichen Schüsse regelmäßig ohne juristische Konsequenzen für Polizist*innen bleiben.
Allein im letzten Jahr gab es weitere vergleichbare Todesfälle: Am 7. Dezember 2019 wurde in Wuppertal ein 25-jähriger von der Polizei erschossen, nachdem er mit einem Hammer Autospiegel abgeschlagen hatte; Anfang Januar 2020 erschoss in Gelsenkirchen ein Polizeianwärter einen Menschen vor einer Polizeiwache.
Und auch in anderen Teilen des Sicherheitsapparates herrscht Corpsgeist statt Aufklärung: Im September 2018 verbrannte Amad A. in seiner Zelle in der JVA Kleve, wo er nach einer Verwechslung fälschlicherweise einsaß. Auf den aus seiner Zelle ausgelösten Notruf reagierten die wachhabenden Justizvollzugsbeamten nicht. Eine Aufklärung der Vorkommnisse lässt auf sich warten.
Polizeigewalt, Rassismus, Racial Profiling, Rechte Polizist*innen, die Liste berechtigter Vorwürfe ist lang, bundesweit und in auch NRW. Endlich gibt es überall wahrnehmbare Proteste, die wir auch direkt vor die Haustür des Innenministers tragen wollen.
Die neue Koalition von CDU und FDP wählte „Sicherheitspolitik“ zum zentralen Thema der Landesregierung. Innenminister Reul profiliert sich der Öffentlichkeit damit als starker Mann, der vorgibt, endlich hart durchzugreifen. Schnell wurde dazu 2018 das neue Polizeigesetz durch den Landtag gebracht, das der Polizei weitreichendere Befugnisse verschafft und diverse rechtsstaatliche Grundlagen außer Kraft setzt. Diese verschärfte „Law and Order“ Politik hat für Betroffene schwerwiegende Folgen und schränkt regelmäßig demokratische Grundrechte ein.
Für politische und soziale Bewegungen bedeuten die Gesetzesverschärfungen zugunsten angeblicher Sicherheit und Ordnung meist vor allem Repression: Aktivist*innen werden eingeschüchtert, kriminalisiert und oftmals nach der Hufeisentheorie als vermeintliche Extremist*innen diffamiert, wie etwa die Klimabewegung im Hambacher Wald und „Ende Gelände“. Für wessen Interessen die NRW-Innenpolitik steht, belegen – nach vielfachem Leugnen des Innenministers Reul – veröffentlichte Akten, über ein Treffen von RWE-Konzern und Innenministerium, auf dem Begründung und Durchführung der Räumung des Hambacher Waldes geplant wurde. Während der Räumung kam es zu einem Todesfall, als ein Videojournalist von einer Brücke zwischen zwei besetzten Bäumen abstürzte.
In Wuppertal trifft die verschärfte Repression Teilnehmer*innen der autonomen 1. Mai Demonstration 2018, die für ihren Versuch, selbstbestimmt zu demonstrieren nach dem reformierten §114 StGB (tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte) zu drakonischen Geld- und teilweise sogar Freiheitsstrafen verurteilt werden.
Und wer seine Solidarität mit dem Kampf der kurdischen Bewegung gegen den „IS“ und für ein freies Rojava zum Ausdruck bringt, muss mit Razzien, Verfahren nach §129b StGB (Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland), Versammlungsverboten, und anderen Schikanen wegen vermeintlichen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz rechnen, wie beim kurdischen Mezopotamien-Verlag und Musikverlag MIR Multimedia geschehen.
Auch Herbert Reuls Lieblingsthema, die Bekämpfung vermeintlicher „Clan-Kriminalität“ hat für einzelne Betroffene drastische Auswirkungen. So kann schon das Tragen des „falschen“ Nachnamens Anlass für eine der massenhaft durchgeführten Razzien sein, bei denen die Polizei schwerbewaffnet Wohnungen und Geschäfte stürmt. In den betroffenen Stadtvierteln macht sich der Eindruck einer polizeilichen Besatzungspolitik breit. Grundsätzlich trägt die öffentlich wirksame Kriminalisierung ganzer Gewerbezweige, wie zuletzt von Shisha-Bars, zu einer entsprechenden Stigmatisierung bei. Ein Zusammenhang mit dem rechten Terroranschlag mit 10 Toten in zwei Shisha-Bars in Hanau, liegt auf der Hand. Hier als Landesregierung lediglich auf die AfD zu zeigen, soll von der eigenen Verantwortung ablenken.
Neben der Verfolgung vermeintlicher Clan-Kriminalität und der Kriminalisierung linker Bewegungen bagatellisiert Reul rechte Strukturen. Das Posieren für ein Foto bei der Razzia in einer Diskothek in Essen, während zeitgleich Neonazis in Dortmund einen Fackelmarsch abhalten konnten, macht seine Prioritäten deutlich. Auch Bürgerwehren wie in Essen-Steele und Herne bleiben weitgehend unbehelligt. Und selbst wenn, wie jetzt in Hamm, ein Polizist als mutmaßliches Mitglied einer rechten Terrorgruppe enttarnt wird, bleibt Reul der Hufeisentheorie treu und vermeldet, er dulde in der Polizei Extremismus weder von links noch von rechts.
Wir halten es für nötig, uns gegen die immer weitreichendere autoritäre Formierung durch die aktuelle Regierung und die Versicherheitlichung der Gesellschaft zu organisieren. Dazu wollen wir Innenminister Herbert Reul in die Verantwortung nehmen und ihn mit einer angemeldeten Kundgebung an seinem Wohnort mit den Folgen seines Handelns konfrontieren.
Wer eine Politik zu verantworten hat, deren Auswirkungen politische Aktivist*innen mit Gewalt, Repression und Überwachung bis in die privatesten Lebensbereiche überzieht, kann sich nicht in der Anonymität seines Büros im Ministerium verstecken und abends auf den Feierabend berufen.
Wer eine Politik zu verantworten hat, die immer häufiger Menschen durch die ihm unterstellten Institutionen das Leben kostet, muss damit rechnen, jederzeit und überall konfrontiert zu werden.
Deshalb veranstalten wir ein
Forum gegen Polizeigewalt und Repression
Am Samstag, den 8.8.2020, 13-18 Uhr
Ort: Leichlingen (Rheinland)

Wir wollen einen Ort schaffen, um Betroffene und Solidaritätsinitiativen zusammen zu bringen und in einen gemeinsamen Austausch zu treten.
Bündnis Forum gegen Polizeigewalt und Repression

 

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Rechercheartikel zur Enttarnung eines V-Manns der Staatsschutzbehörden NRW, der in den 1990iger über Jahre in Wuppertal und Solingen aktiv war

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Wir dokumentieren an dieser Stelle einen Rechercheartikel vom 19. Juni 2020, den wir per E-Mail erhalten haben, zur Enttarnung eines V-Manns der Staatsschutzbehörden NRW, der in den 1990iger über Jahre in Wuppertal und Solingen in der linken Szene aktiv war:

Die Wahrheit wird uns nicht davonlaufen!

Jan (Johannes) Pietsch (Solingen, Schützenstr. 60) war 10 Jahre lang V-Mann des Verfassungsschutz NRW in der linken Szene in Wuppertal und Solingen

Wir möchten unsere Genoss*innen und Mitstreiter*innen der neunziger Jahre, die in Hoyerswerda, Mölln, Rostock und Solingen und vor den Wuppertaler Flüchtlingsheimen mit uns gegen alte und neue Nazis auf den Straßen waren, die in vielen Initiativen mit uns z.B. bei der Bundestagsblockade 1993 in Bonn oder im Wanderkirchenasyl für das Bleiberecht aller Flüchtlinge und gegen den staatlichen Rassismus gestritten haben und natürlich die mit uns im Wendland und in Ahaus gegen die Atomtransporte auf der Straße und in den Wäldern aktiv waren, über den V-Mann Jan Pietsch informieren.
Wir müssen euch mitteilen, dass Jan (Johannes) Pietsch als V-Mann des Verfassungsschutzes von Juni 1989 an bis Ende Januar 1999 auf unsere Strukturen in Wuppertal und seit dem Solinger Brandanschlag vom 29. Mai 1993 auch auf die linken Strukturen in Solingen angesetzt war. Er hat für den VS-NRW und den Wuppertaler Staatsschutz spioniert. Er hat sich 10 Jahre lang in zahlreiche politische Strukturen, persönliche Beziehungen und sogar in Familien eingeschlichen und die persönlichsten Lebensgeschichten der politisch engagierten Menschen in unserer Region in zahllosen Einzelfällen an den VS verraten. Mit wechselnden Aufträgen hat er uns als Spitzel im Auftrag des Staates willkürlich ausgekundschaftet und beschlichen, behorcht und belauert, beschattet und beschissen.
Die wirkliche Dimension und die persönlichen und politischen Folgen seiner fast 10-jährigen Infiltration der linken Szene sind natürlich noch nicht wirklich einzuschätzen, da wir mit unseren Recherchen erst ganz am Anfang stehen.
 
Warum wir Jan Pietsch jetzt öffentlich enttarnen.
Wir haben uns entschieden, seine Geschichte jetzt öffentlich zu machen, weil sich Jan Pietsch am 24. Mai 2020 einer mit ihm fest vereinbarten Befragung entzogen hat. Wir wollten von ihm persönlich die operativen Details seiner 10-jährigen V-Mann-Tätigkeit erfahren: Auf wen war er angesetzt? Wen und welche Aktivitäten hat er verraten? Wer sind seine Führungsoffiziere? (und natürlich viele Fragen mehr)
Stattdessen hat er es vorgezogen am 22. Mai 2020 gemeinsam mit einem Journalisten aus Frankfurt ein Interview zu veröffentlichen, in dem der V-Mann selbst Nebelkerzen auf seine operativen Tätigkeiten in Solingen wirft, wichtige, ihn selbst hoch belastende Details verschweigt, einen Aktivisten noch in seine schmutzige Tätigkeit hineinziehen will und sich dann auch noch als Kritiker eines „intransparenten“ VS ausgibt.
Wir kennen die V-Mann-Tätigkeit von Jan Pietsch leider erst seit April 2020.
Die Sache selbst ist zwei Journalisten aus Frankfurt und Berlin seit Sommer 2017 bzw. 2018 bekannt. Zu diesem Zeitpunkt hat Jan Pietsch angeblich über seine Therapeutin Kontakt zu dem Journalisten aus Frankfurt hergestellt und seine „Lebensbeichte“ vorgetragen. Dann hat der Journalist Kontakt zu einem ARD-Journalisten aus Berlin aufgenommen, der Jan Pietsch ebenfalls persönlich getroffen und für eine ARD-Dokumentation ausführlich vor der Kamera interviewt und auch in Solingen an vermeintlichen Tatorten gefilmt hat.
Die beiden Journalisten haben es fast drei Jahre nicht für nötig befunden, die von der Bespitzelung und dem Verrat Betroffenen aus Wuppertal und Solingen zu informieren, obwohl beide Journalisten aus der linken Szene stammen und sie leicht Kontakt hätten aufnehmen können. Sie schienen auch „fachlich“ nicht an einer fundierten Gegenrecherche in Zusammenarbeit mit den Betroffenen interessiert gewesen zu sein. Uns ist völlig schleierhaft, wie sie die Geschichten von Jan Pietsch, dem notorischen Lügner und Verräter überhaupt von außen richtig einordnen und bewerten können ohne die lokalen Begebenheiten ansatzweise zu kennen.
Erst als die Zeit für eine „journalistische Verwertung“ reif schien, wurden wir als Betroffene interessant.
Der eine Journalist aus Frankfurt hatte den V-Mann Pietsch ausführlich schriftlich interviewt und plante eine Veröffentlichung auf seinem Blog und eine spätere Buchveröffentlichung. Erst Mitte April 2020 wurde uns ein 29 seitiges – stark bearbeitetes – schriftliches Interview zugänglich gemacht. Wie wir heute nach der Veröffentlichung auf den „Nachdenkseiten“ wissen, gibt es weitere Interview-Teile, die uns der Journalist nicht zugänglich gemacht hat.
Der ARD-Journalist bereitet einen Dokumentarfilm über den Fall Pietsch vor. Er kontaktierte nun Leute aus der linken Szene und wollte für seinen TV-Beitrag gerne „Originaltöne“ der Betroffenen einsammeln. Er weigerte sich aber, vorher offenzulegen, was Jan Pietsch denn vor laufender Kamera über unsere politische und persönliche Geschichte erzählt hat.
Wir finden den Umgang der beiden (linken) Journalisten mit uns Betroffenen unterirdisch und übergriffig. Daher warnen wir nochmal ausdrücklich davor, sich auf eine Zusammenarbeit mit ihnen einzulassen. Wir warnen vor allem alle die Leute, die meinen, an der Fernsehproduktion mitwirken zu müssen.
Anna und Arthur vertrauen nicht auf angebliche Verjährungsfristen und halten auch im Fernsehen das Maul! Gefährdet nicht euch und auch nicht andere Mitstreiter*innen!
Wer denkt, alle (angeblichen) Straftaten wären längst verjährt, der täuscht sich: Bei bestimmten Straftaten kann die Verjährungsfrist auf 40 Jahre steigen. Die Verjährungsfristen können von Justiz und VS nach Bedarf z.B. durch Verjährungsunterbrechungen verlängert werden.
 
Jan Pietschs Spitzel-Karriere
Die folgende Zusammenfassung basiert auf unseren eigenen Erinnerungen und vielen Gesprächen mit damals aktiven Menschen. Wir haben in den letzten Wochen möglichst viele Betroffene aufgesucht und informiert, damit sie nicht von einem Fernsehfilm über Jan Pietsch überrascht werden. Wir haben zudem Dokumente, Flugblätter, Gerichtsakten und Fotos gesichtet. Darüber hinaus haben wir das 29-seitige Interview mit Pietsch, den Artikel auf den www.nachdenkseiten.de und einen 2 Jahre alten Text von Pietsch zu seinen „Zielen“ ausgewertet. Hinzu kamen Informationsbröckchen, die uns der Spitzel und die beiden Journalisten zugeworfen haben, damit wir uns an ihrer medialen Verwertung unserer Geschichte beteiligen.
Nach eigenen Angaben hat sich Pietsch in den Tagen der besetzten Muno-Fabrik im Juni 1989 zunächst dem Wuppertaler Staatsschutz und später dem VS NRW angedient. Pietsch war als Nachbar des frisch besetzten Autonomen Zentrums wie viele andere Interessierte in den Genuss einer Hausführung gekommen. Er nutzte den Rundgang für ein anschließendes Telefonat mit dem Leiter des Wuppertaler Staatsschutzes und versuchte sich selbst an einer logistischen Beratung für eine polizeiliche Räumung. Der Staatsschutz war begeistert über soviel freiwillige Denunziationsbereitschaft und vermittelte Jan Pietsch an den VS NRW. 1990/1991 wurde Pietsch zum regulären V-Mann des VS NRW ernannt. Bis zu dreimal wöchentlich traf sich der Spitzel mit seinen Führungsoffizieren. Nach eigenen Angaben bekam der Spitzel ein Gehalt von 3.000 DM monatlich. Zum Vergleich: Der langjährige Solinger NPD-Funktionär und V-Mann des VS NRW Wolfgang Frenz bekam „nur“ 1000 DM. V-Mann Bernd Schmitt musste sich sogar mit 400 DM begnügen.
Pietsch war zunächst auf Personen angesetzt, die der Verfassungsschutz für „Sympathisanten der RAF“ hielt und die z.T. Kontakt zu inhaftierten RAF-Gefangenen hatten. Diese Personen sollten dann Jan Pietsch zu Erddepots der RAF mit Waffen und Geld führen…
Zentral für den Geheimdienst war auch das Ausspionieren des Wuppertaler Infoladens in der Brunnenstraße. Hier erhoffte man sich die Kontrolle über eingehende Bekennerschreiben und Hinweise auf die Vertriebswege der Zeitschrift „Radikal“. Das dritte Operationsziel waren angebliche Rädelsführer der autonomen und antifaschistischen Szene. Für alle drei Zielgruppen wurden Jan Pietsch Namen und Wohnadressen genannt und er wurde beauftragt Kontakt zu diesem Personenkreis herzustellen.
 
Leider mit Erfolg.
Jan Pietsch war ein spezieller Typ. Er war sehr hilfsbereit und war einfach anders als wir. Er sah nicht so aus wie der Szene-Durchschnitt, war sehr auf sein Äußeres bedacht und liebte sogar schnelle Autos. Mit seiner hellbraunen Lederjacke sah er aus wie ein Bilderbuch-Zivi. Auf unzähligen auswärtigen Demos mussten wir ihn vor den misstrauischen Mitdemonstrant*innen „retten“. Dieses „Anderssein“ war seine Eintrittskarte in die linke Szene.
Er „freundete“ sich 1990/1991 auftragsgemäß mit Personen an, die zu den Haftbedingungen der politischen Gefangenen arbeiteten. Es folgten die ersten gemeinsamen Transparent- und Flugblattaktionen zu Hungerstreiks und erkrankten politischen Gefangenen. 1992 fuhr Pietsch gemeinsam mit einem „Zusammenhang“ auf die Demos gegen den (kleinen) Weltwirtschaftsgipfel in Münster.
Pietsch saß ab mindestens 1992 im Infoladen und konnte u.a. interessante Post für die Antifa und die autonome Szene abfangen. Im Autonomen Zentrum saß er seit 1992 hinter der Theke.
In dieser Zeit hatte sich Pietsch auch in AZ-Kreisen als Homosexueller geoutet. Später organisierte er den GAYDAY, eine Partyreihe im AZ mit.
Nach seinen eigenen Schilderungen war V-Mann Pietsch bis 1999 an der Durchführung von militanten Aktionen unmittelbar beteiligt. Obwohl die damalige VS-Spitze in NRW Fritz-Achim Baumann am 10. Juni 1994 in der FAZ mit Bezug auf V-Mann Bernd Schmitt beteuerte, „dass die Straftaten eines V-Manns weder gebilligt noch gedeckt würden.“
Geplante Aktionen gegen Nazifunktionäre und Nazistrukturen hat Pietsch mitvorbereitet und anschließend seinem Führungsoffizier verraten. Ein Teil der antifaschistischen Aktionen fand dann unter der direkten Kontrolle des VS statt. Der VS hatte z.B. bei einer Aktion in „Tatortnähe“ ein Fahrzeug zwecks Dokumentation der Aktion abgeparkt.
Pikant ist auch, dass Pietsch nach eigener Schilderung an einem Anschlag auf den NPD-Funktionär Wolfgang Frenz teilgenommen hat, der wie Pietsch als V-Mann auf der Gehaltsliste des VS NRW stand. Auch am Einbruch beim Nazi-Musik Versandhändler Thorsten Lemmer war Pietsch beteiligt. U.a. konnte eine Kundenkartei des Naziversands mitgenommen werden. Als die beschlagnahmte Versandkartei in die Hände von auswärtigen Antifaschist*innen zu fallen drohte, ließ Pietsch das Versteck von der Polizei durchsuchen und die Nazikartei beschlagnahmen.
 
Einsatz in Solingen
Ende Mai 1993 nahm Jan Pietschs V-Mann-Karriere eine neue und entscheidende Wende. Nach dem Brandanschlag von Solingen am 29. Mai 1993 wurde er von seinen Führungsoffizieren zum Spitzeleinsatz nach Solingen beordert. Sein erster und wichtigster Auftrag: Er sollte die Enttarnung des V-Mann Bernd Schmitt behindern.
Nur wenige Tage nach dem Brandanschlag saß der V-Mann Pietsch schon mit einer Solinger Antifaschistin zusammen im Auto, um Bernd Schmitts Kampfsportschule Hak Pao in Solingen-Gräfrath zu observieren. Das war aber erst der Anfang von Pietschs Tätigkeit in Solingen. Innerhalb kürzester Zeit gelang es Pietsch in interne Gruppenzusammenhänge der Solinger linken Szene vorzudringen.
In dem Interview auf den www.nachdenkseiten.de, veröffentlicht am 22.5.2020, darf der Spitzel unhinterfragt seine Version präsentieren:
[Frage] „Ist es richtig, dass Sie nach dem Mordanschlag in Solingen Ihren Schwerpunkt verändert haben, also nicht mehr Wuppertal, sondern Solingen? Hat der V-Mann-Führer „Hans“ Sie dafür instruiert? [Pietsch]: Bedingt durch den Kontakt zu der Solinger Szene, die entstandenen Freundschaften und die Widersprüche, die ich verarbeiten (verdrängen) musste, fühlte ich mich bei dem Personenkreis in Solingen wohl. Nach dem Brandanschlag war es das Ziel des Verfassungsschutzes, auch die Gewaltbereitschaft der Solinger Szene im Auge zu behalten.
Ich switschte zwischen Solingen und Wuppertal, je nach Veranstaltung, Demo und Anlass.
[Frage] Sollten Sie sich in die dortige Antifa-Szene einschleusen, um herauszubekommen, was die über die Kampfsportschule weiß, was die Antifa unternehmen will, um die Morde und die Hintergründe aufzuklären?
[Pietsch] Ein Einschleusen war nicht erforderlich. Ich hatte ja bereits das Vertrauen zu diesen Kreisen. Ja, ich wurde instruiert, kann mich aber im Detail nicht mehr erinnern. In Solingen war es eher der Fall, dass Tatsachen/Gerüchte/Aktionen, die Bernd Schmitt betreffen können, umgehend von mir erfasst wurden, um diese intern im Ministerium zu besprechen. […]
[Frage] Sie haben als autonomer Aktivist die Kampfsportschule beobachtet, also observiert. Warum? Und waren Sie dabei alleine?
[Pietsch] Die Autonomen (insbesondere die Antifa) wusste, nennen wir es aus „ihren“ Quellen, dass Bernd Schmitt, „gute“ Kontakte zu seinen Vorteilen, zum hiesigen Staatsschutz gehalten hat. Um dieses mit Fakten zu belegen und in der Öffentlichkeit ein Ohr zu bekommen, habe ich zusammen mit einer weiteren Person aus der Szene, die Kampfsportschule observiert.[…]
Diese Observierung habe ich über 20 Jahre verdrängt. Erst im Rahmen des 25. jährigen Gedenktages wurde dieses Thema angesprochen und bei mir kamen die ersten Erinnerungen an diese Aktion wieder hoch. […] Ich und eine Freundin aus der Szene haben die Kampfsportschule unmittelbar nach dem Brandanschlag observiert. […] Dabei beobachteten wir, wie seine Lebensgefährtin und eine weitere Person mehrere Kisten mit Akten aus der Kampfsportschule getragen haben, kurz vor der stattgefundenen Hausdurchsuchung. Wir haben das Fahrzeug bis in ein Parkhaus in der Solinger Innenstadt verfolgt, es aber nach Einfahrt in das Parkhaus verloren.“
 
Das sind offensichtliche Lügen von Pietsch. Sein erster Auftrag war eindeutig. Er sollte aufpassen, dass die V-Mann-Tätigkeit von Bernd Schmitt nicht vorzeitig von der autonomen und antifaschistischen Szene aufgedeckt wird.
Pietsch räumt in seinem ausführlichen Interview selbst ein, dass er über die Tätigkeit von Bernd Schmitt als V-Mann schon vor Schmitts Enttarnung informiert war. Deswegen saß er bei der Antifa-Observierung der Sportschule Hak Pao nicht, wie er im Interview ausführt, als Antifaschist im Auto, sondern als V-Mann des VS. Und er verlor auch nicht zufällig den Wagen mit den 50.000 Blatt-Unterlagen von Bernd Schmitt aus dem Blick, sondern informierte noch während der Autoverfolgung seine Dienstvorgesetzten.
Diese 50.000 Blatt mit Namensdossiers, der Mitgliederkartei des Deutschen Hochleistungskampfkunstverbands DHKKV, einem Grundrissplan vom AZ Wuppertal etc. wurden dann erst am 31. Dezember 1993 von der Polizei im Keller des Vaters von Bernd Schmitts Lebensgefährtin „wiedergefunden“. Im Januar 1994 durfte der VS, so der offizielle Neusel-Bericht, die Unterlagen im Wuppertaler Polizeipräsidium exklusiv auswerten.
Während dessen verstärkte sich in Wuppertal die Gefahr für den VS, dass Bernd Schmitt vorzeitig enttarnt wurde. Schmitt hatte noch drei Wochen vor dem Solinger Brandanschlag am 8. Mai 1993 einen Infostand der Republikaner in Wuppertal-Ronsdorf mit seinen Schlägern geschützt. Als Antifaschist*innen gegen den Infostand vorgingen, wurden sie von Hak Pao-Leuten und Zivilpolizisten angriffen und festgehalten. Gegen drei Antifaschist*innen wurden Strafanzeigen wegen Landfriedensbruch und Körperverletzung gestellt. Bei den Ermittlungen „vergaßen“ die Wuppertaler Staatsschützer aber die Anwesenheit und aktive Beteiligung von Bernd Schmitts Hak Pao-Schlägern zu erwähnen. Als unmittelbar nach dem Solinger Brandanschlag die Rolle von Bernd Schmitt und von Hak Pao öffentlich hinterfragt wurde, wurde das geplante Strafverfahren gegen die drei Antifaschist*innen zu einer Gefahr für den VS. Das erfuhr auch Jan Pietsch, er war mit einem der Angeklagten enger „befreundet“. Als zu Prozessbeginn am 3. Dezember 1993 die Rechtsanwälte der Antifas die Ladung von Bernd Schmitt beantragten und gleichzeitig noch eine Zeugin vorweisen konnten, die Schmitt am 8. Mai 1993 in Ronsdorf gesehen hatte, brach die Anklage zusammen. Das Gericht „verzichtete“ auf die Befragung von Bernd Schmitt und notgedrungen auch auf die Verurteilung wegen Landfriedensbruchs. Die Angeklagten wurden „wie durch ein Wunder“ nur wegen Widerstand zu geringen Geldstrafen verurteilt.
 
Schnüffler-Aktionstag“
Besonders folgenreich war Pietschs Einsatz beim sog. Schnüffler-Aktionstag am 26. Mai 1994. Es wurde Anfang Mai 1994 ein „Schnüffler-Aktionstag“ angekündigt, bei dem im Rahmen der Wahlkampagne „der Unregierbaren – Autonome Liste“ vor den Wohnungen der bekannten Staatsschützer Stürmer und Meinecke demonstriert werden sollte. Wir waren in Wuppertal und Solingen – wie schon dargestellt – damit konfrontiert, dass der polizeiliche Staatsschutz in Wuppertal in vielen Fällen offen mit Nazis kooperierte, Ermittlungsakten säuberte und vor allem die Kampfsportschule Hak Pao unter seinen Schutz stellte.
Zum „Schnüffler-Aktionstag“ hatte die Gruppe „BürgerInnen beobachten die Polizei“ eingeladen. Sie rief dazu auf „an einem noch zu benennenden Tag […] eine Gegenobservation [zu] starten. Namhafte Staatsschutzschnüffler wie der Chef vom K 14 Stürmer oder auch ein gewisser Meinecke werden in ihrer Freizeit von unseren Kräften in Trenchcoats und in schnellen Autos beschnüffelt. Ein buntes Programm erwartet das PB 2: Die Nachbarn werden ausgefragt, die EhegattInnen angeworben, die Haustiere entführt und vieles mehr. Das ganze soll dann für einen Videofilm aufgenommen werden.“
Die Aktivist*innen der Straßentheatergruppe berichten Folgendes: „Den Tag der Aktion, wenige Tage vor dem 1. Jahrestag des Solinger Brandanschlags, hatten wir schon länger festgelegt, er fiel nun zufällig auf den Tag nach der Enttarnung von Bernd Schmitt als V-Mann. Der Spitzel Pietsch war bei der Vorbereitung der Straßentheateraktion mit dabei. Er war über den harmlosen Charakter der Aktion genau informiert, er hatte sogar das Batterie betriebene Blaulicht für unsere Performance besorgt. Es war allen Beteiligten klar und über Spitzel Pietsch auch dem Staatsschutz und dem VS, dass mitnichten ein „Mordversuch“ oder ein Überfall geplant war, wie später ein Radiosender verbreitete. Vielmehr hatten wir ein Fernsehteam kontaktiert, dass unseren Auftritt dokumentieren wollte.
Als wir dann unter Begleitung der regulären Polizei vor dem Wohnsitz von Udo Stürmer, einem Mehrfamilienhaus in der Barmer Fußgängerzone, ankamen, klingelten wir und wurden reingelassen und begannen zu viert Flugblätter zu verteilen.
Im Treppenhaus überfiel uns ein SEK aus Bielefeld. Zwei Aktivisten wurden gezielt auf den Kopf geschlagen und erlitten schwere Kopfverletzungen. Insgesamt elf Aktivist*innen wurden festgenommen und ins Polizeipräsidium verschleppt. Die Polizeipressestelle verbreitete später, dass „Autonome mit Tötungsabsicht gegen den Staatsschützer vorgegangen“ seien.
Später ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen angeblicher Zersetzung der Polizei nach § 89 StGB. Als später die Schwerverletzten Strafanzeigen wegen Körperverletzung gegen die SEK-Polizisten stellten, zeigte das SEK im Gegenzug die Schwerverletzten an, sie hätten das SEK im Hausflur tätlich angegriffen.
Dieser brutale Angriff auf die Straßentheatergruppe traumatisierte die Verletzten in erheblichen Maße und war, so die Aussage von Pietsch, genauso von der polizeilichen Einsatzleitung geplant gewesen. Sie sollte uns signalisieren, dass wir keinen Schritt weitergehen sollten. Über einen Mittelsmann erhielten wir zusätzlich die Warnung, dass sie Verhaftungen vorbereiten, wenn wir unsere Kampagne weiterführen. Jan Pietsch war übrigens bei der Aktion dabei, telefonierte mit seinen V-Mann-Führer während der Aktion und wusste von dem geplanten Übergriff des SEK im Treppenhaus.
 
Das Video für die Aktuelle Stunde des WDR
Auch im August 1994, der Solingen-Prozess vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf hatte schon begonnen und Bernd Schmitt war am 3. Juni 1994 als V-Mann offiziell im Gerichtssaal enttarnt worden, war Pietsch weiter in Sachen Vertuschung operativ tätig.
Im Sommer 1994 ging es Innenminister Schnoor und seinem VS vor allem darum, die V-Mann Affäre-Schmitt politisch zu überleben. Da der Verdacht nahe lag, dass sich die Solinger Brandstifter in der geheimdienstlich geförderten Sportschule Hak Pao im Kreis von organisierten Nazis politisiert hatten, war es dem Innenministerium wichtig nachzuweisen, dass Schmitt kein überzeugter Nazi, sondern „nur“ ein leicht zwielichter Geschäftsmann mit Neonazikontakten war. Der damalige Innenminister Herbert Schnoor (SPD) verteidigte sein V-Mann auf einer Pressekonferenz: „Herr Schmitt war eine sehr zuverlässige Person. Er war eine wichtige Nachrichtenquelle für uns. Er war nicht politisch und hatte auch keine politische Vorlieben.“
So kam ein anonymer Videofilm mit einem vermummten Solinger Antifaschisten wie gerufen, der berichtete, dass Bernd Schmitt auch der Solinger Antifa gegen Geld Informationen aus der Naziszene verkaufen wollte. Der im August 1994 in der „Aktuellen Stunde“ des WDR gesendete Beitrag war in Wahrheit eine Auftragsarbeit des VS-NRW. Den Videofilm hatte Jan Pietsch selbst gedreht und über seinen V-Mann-Führer vorab dem VS-Chef Baumann geschickt, damit sich dieser auf die kritischen Fragen des WDR vorbereiten konnte. Die interviewte Person aus dem Film wusste natürlich nichts von den VS-Machenschaften.
 
Die politische Verantwortung
Es ist übrigens politisch vollkommen unerheblich, ob V-Mann Schmitt als Nazi und/oder als geldgieriger Geschäftsmann ein brandgefährliches Nazinetzwerk aufgebaut hat. Seit April 1992, seit Bernd Schmitt auf der Gehaltsliste des VS NRW stand, explodierten die Naziaktivitäten rund ums Bernd Schmitts Kampfsportschule Hak Pao. Unter Abdeckung des Wuppertaler Staatsschutzes und des VS entwickelt sich ein staatlich geschützter Operationsraum der Naziszene.
Bis zu 50 Mitglieder von Hak Pao werden als Ordner bei Naziveranstaltungen eingesetzt.
Schon im Mai 1992 berät Schmitt mit Bernd Koch (Solinger Nazi) und Michael Noack (NF) über die Umwandlung des schon bestehenden Deutschen Hochleistungskampfkunstverband DHKKV zu einer Mitgliederorganisation für organisierte Nazis. Nun geht es Schlag auf Schlag. Am 5. Juni 1992 schützte Schmitt in Bonn eine Veranstaltung der NF mit dem Holocaust-Leugner Ernst Zündel. Am 16. Juni 1992 machte er zusammen mit 50 Hak Pao lern den Saalschutz für eine Veranstaltung der Deutschen Liga (DL). Er und einzelne Gefolgsleute nehmen an weiteren Veranstaltungen der NF u.a. in Hetendorf und in Detmold-Pievitsheide teil.
Schmitt deckte das gesamte Spektrum der damaligen Naziszene ab. Im Juli 1992 organisierte er eine Werbeveranstaltung für seine Ordnerdienste mit Vertretern der Republikaner, der Wiking Jugend und DVU in den Räumen von Hak Pao. Am 9. Juli 1992 schützte er mit seinen Männern in Hennef das Ku-Klux-Klan-Mitglied und gleichzeitigen Anwalt des Revisionisten Fred Leuchter Kirk Lyons. Im August 1992 gründete der Solinger Nazi Wolfgang Schlösser im Auftrag von Schmitt die Deutsche Kampfsportinitiative (DKI), für die Schlösser in diversen Nazipostillen wie dem NPD-Blatt Deutsche Stimme Anzeigen schaltet. Auch diese Kreise werden zu sog. Stammtischen und zum sog. Freitagstraining mit Gleichgesinnten in die Räume von Hak Pao eingeladen.
Auch sollten wir nicht vergessen, dass während Bernd Schmitt im Staatsauftrag (bundesweite) Nazistrukturen wie die Nationalistische Front stärkte, schon vor dem Solinger Brandanschlag auch Menschen starben. So der Wuppertaler Karl-Hans Rohn, der am 13. November 1992 von den NF-Mitgliedern Andreas Wember und Michael Senf in einer Kneipe zusammengetreten und mit Schnaps angezündet wurde. Rohn starb später an den erlittenen Verletzungen und wurde von den Tätern später in Venlo aus dem Auto geworfen.
Am 27. Dezember 1992 machten der Solinger Nazihooligan Klaus Evertz und Lars Schoof von Hak Pao mit ihrem Auto auf der A 57 Jagd auf Ausländer. Sie versuchten ein Auto mit türkischen Menschen zu rammen. Der Fahrer Sahin Calisir sprang in Panik aus dem Auto und wurde von einem nachfolgendem Auto überfahren und getötet. Der Fahrer Evertz, bereits als rechter Hooligan einschlägig vorbestraft, erhielt nur 15 Monate Haft.
Das ist kurz zusammengefasst die staatlich geschützte und teilfinanzierte braune „Spielwiese“ für die Solinger Jungnazis, die den mörderischen Brandanschlag verübt haben. Politisch verantwortlich dafür – auch das sollten wir nicht vergessen – war die SPD geführten Landesregierung, Innenminister Schnoor und sein VS-Chef Baumann.
 
Wieder in Wuppertal
1996 verlagerte Pietsch den Schwerpunkt seiner Spitzel-Tätigkeit wieder nach Wuppertal. Er hatte sich zunächst in eine Wohngemeinschaft eingeschlichen und anschließend gezielt eine Wohnung in einem von Szeneangehörigen bewohnten Hinterhaus bezogen. Hier wohnten Antiimps, Antifas, Autonome, Castor-Gegner*innen und andere Linke bunt zusammen.
Daher bot es sich aus VS-Perspektive an, umfangreiche Abhöreinrichtungen zu installieren. Neben den üblichen Wanzen in Wohnräumen betrieben die VSler mit Wissen von Pietsch auch eine 24 Stunden-Observation durch eine festinstallierte Videokamera im Vorderhaus. So konnte jede Lebensregung der Hausbewohner*innen aufgezeichnet und für VS-Belange benutzt werden. Wie lange sie diese Spezialobservation durchgeführt haben, wissen wir nicht.
In seinem Interview räumt er ein, dass er darüber hinaus mit Videokameras persönliche Gespräche und Diskussionsrunden aufgezeichnet und auch fotografiert hat. Auch hatte er Kenntnis von weiteren Überwachungsmaßnahmen in WG und Szene-Wohnungen.
In zwei konkreten Fällen verdächtigen wir Pietsch, dass er Hausdurchsuchungen angeregt hat.
Operativ ist auch interessant, dass Pietsch in einer Situation seine Enttarnung fürchtete und der VS zur Ablenkung mit einem plumpen Anwerbungsversuch bei einer anderen Person reagierte.
Ab 1996 hat Pietsch versucht die Anti-Castor-Bewegung im Wendland und Ahaus zu infiltrieren. Er war mindestens zweimal mit Wuppertaler und Solinger Gruppen im Wendland. Pietsch war nach seinen eigenen Angaben zudem an der Installierung eines GPS-Senders an einem Szeneauto beteiligt, dass auf dem Weg zu Widerstandsaktionen ins Wendland unterwegs war. Als das Auto nicht mehr ansprang, weil der falsch installierte GPS-Sender Strom von der Autobatterie abzog, brachte Pietsch das Auto eigenhändig zur Reparatur, damit der Einsatz der Spionagetechnik den Mitbewohner*innen nicht auffiel.
Eine Besonderheit seines Einsatzes war, dass er als V-Mann des VS NRW bei bundesweiten Aktionen wie im Wendland Informationen direkt den polizeilichen Einsatzleitern per Telefon oder per Funk weitergab und z.T. bestimmte polizeiliche Maßnahmen anregte. Jan Pietsch hatte wohl nicht zufällig ab 1993 als erster in der Szene ein mobiles Telefongerät zur Verfügung.
Das Trennungsgebot von Geheimdiensten und Polizei, dass die Alliierten vorsorglich dem Nachfolgestaat des Dritten Reichs ins Grundgesetz geschrieben hatten, galt für den Einsatz des V-Mann Jan Pietsch jedenfalls nicht.
 
Sein Abgang
Seinen Abgang aus der Wuppertaler Szene initiierte Pietsch am 30. Januar 1999 mit einer Abschiedsparty und einer weiteren Lügengeschichte. Er wolle nach New York auswandern. Der eigentlich gut bezahlte V-Mann schnorrte sich noch Geld von seinen Mitbewohner*innen zusammen, prellte die Zeche für seine große „Abschiedsparty“ in einer Szenekneipe und verschwand.
Pietsch entschwand keineswegs nach New York, sondern schaffte es nur nach Solingen und zog dort mit einem Freund zusammen. Ein Wuppertaler entdeckte ihn ein paar Jahre später zufällig in einem Solinger Baumarkt. Pietsch fühlte sich ertappt und duckte sich hinter ein Regal…
Der VS verabschiedete seinen langjährigen Spitzenagenten angeblich mit 10.000 DM Abstandsgeld, das er nach eigenen Angaben in eine Gaststätte in Solingen investierte.
Den Kontakt zur Solinger Szene hielt Pietsch allerdings zum Teil aufrecht. Nach einiger Zeit intensivierte sich der Kontakt wieder und er schlich sich ein weiteres Mal in die persönlichen Beziehungen der Menschen ein, die er zuvor jahrelang ausspioniert und verraten hat.
 
Lebensbeichte“
Im Sommer 2017 startet Jan Pietsch mit seiner neuen Rolle. Angeblich will er jetzt reinen Tisch machen. Der mittlerweile erkrankte Polizeispitzel findet zwei Journalisten, die ihn – wie in aktiven V-Mann-Zeiten – wie seine alten V-Mann-Führer hofieren und neue Aufmerksamkeit schenken. Pietsch will jetzt ein Buch schreiben und mit Hilfe des ARD-Journalisten ins Fernsehen. Dann erst möchte er sich den Fragen des „Publikums“ stellen.
Pietsch schrieb 2018 selbst zu seinen Beweggründen für sein spätes Outing: Er brauche noch Jahre „seine innere Zerrissenheit aufzuarbeiten“.[…] „Meine Perspektive ist es, trotz der Krankheit (Ich bin noch immer sehr wenig belastbar) noch ein paar Jahre zu leben und in dem letzten Lebensabschnitt mit meinen Erfahrungen dazu beitragen, dass sich Fehler in Staat und in der Wirtschaft nicht mehr wiederholen oder zumindest weniger werden.“ Er wolle durch die Veröffentlichung [seines Interviews] „dazu beitragen, dass der Verfassungsschutz und Staat transparenter werden.“ Weiter möchte er wieder „gesellschaftspolitische Verantwortung übernehmen“, er bereite einen Internetblog vor: „Ich wünsche mir durch [die] Veröffentlichung meiner Erfahrungen auch anderen Menschen Mut zu machen, die Geheimnisträger sind und unter dieser Zerrissenheit leiden, dass sie eine Austauschmöglichkeit suchen […].“
 
Uns kommen die Tränen…
Dieses Selbstinzenierung machen wir, die Betroffenen von 10 Jahren Spitzelei und Verrat, natürlich nicht mit. Zeitpunkt und Umfang der Aufarbeitungen, der politischen Schlussfolgerungen und Aktionen bestimmen weder der Täter noch die beiden Journalisten, sondern wir Betroffene.
Für weitere Informationen und zur Kontaktaufnahme steht folgende E-Mail-Adresse zur Verfügung:
carolinagross@riseup.net
Wir verbleiben mit der Einladung zu einem neuen „Schnüffler-Aktiontag – Neue Folge“ zu dem wir noch gesondert einladen. Wir bereiten einen Autokorso vor, der uns Betroffene des Verrats von der Haustür von Jan Pietsch zu den Häusern der Staatsschützer Udo Stürmer und Hans-Peter Meinecke, vor das Haus des V-Mann-Führers „Hans“ und zu den Häusern des VS-Leiters Fritz-Achim Baumann und des Innenministers Herbert Schnoor führen wird.
 
Verfassungsschutz auflösen!
Niemand ist vergessen!
 
Autonome Antifaschist*innen aus den Neunzigern – Wuppertal 19.6.2020
Veröffentlicht unter Antifa

Terminhinweis: Erinnern und handeln gegen Rassismus – Yalla Migrantifa

Hervorgehoben


9. Juni 2020, 19 Uhr, Gedenkkundgebung Keupstraße/Ecke Schanzenstraße, Köln

Am Jahrestag des Nagelbombenanschlages vom 9. Juni 2004 erinnern wir gemeinsam mit Betroffenen aus der Keupstraße und der Probsteigasse, wo 2001 ebenfalls eine Bombe des NSU explodierte, und Vertreter*innen der Initiative 19. Februar aus Hanau an die Opfer rassistischer Gewalt und die Kämpfe gegen Rassismus.

Am 9. Juni 2004 explodierte in der Keupstraße eine Nagelbombe und verletzt zahlreiche Menschen, einige davon schwer. Obwohl Vieles von Anfang an für Nazis als Urheber sprach, richtete sich der Verdacht der Ermittler ausschließlich gegen die Bewohner*innen und Beschäftigten der Straße. Die Opfer wurden zu Täter*innen und die über Köln hinaus bekannte Geschäftsstraße als „Parallelwelt krimineller Ausländer-Milieus“ bezeichnet.

Nach der Selbstenttarnung des NSU, der von 2000 bis 2009 neun Migranten und eine Polizistin ermordete, versprach die Bundeskanzlerin eine „lückenlose Aufklärung“ der beispiellosen rassistischen Mordserie.

Trotz mehrerer Parlamentarischer Untersuchungskommissionen und 5 Jahren Hauptverhandlung am Oberlandesgericht München ist der NSU-Komplex bis heute nicht aufgeklärt. Im Gegenteil, den Verbindungen zur militanten Nazi-Szene und zum Verfassungsschutz wurde nicht nachgegangen und die zwei verurteilten Unterstützer des rechten Terrornetzwerks und engsten Vertrauten des NSU wurden direkt nach dem Urteil im Münchner Prozess aus der Haft entlassen. Während die Neonazi-Szene dieses als Erfolg feierte, kritisierten die Opfer, ihre Anwälte und Unterstützer*innen das milde Urteil und die Haftentlassungen als Ermutigung an die Nazis weiter zu machen.

Tatsächlich geht die rassistische Mord- und Anschlagserie weiter. Der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke am 2. Juni 2019 dokumentiert das Weiterwirken des NSU-Komplexes und die fortgesetzte Existenz des niemals vollständig aufgeklärten „Netzwerks von Kameraden“, wie die Selbstbezeichnung des NSU lautete. Ausgerechnet Kassel, wo der V-Mann-Führer Andreas Temme wirkte, der beim Mord des NSU an Halit Yozgat selbst am Tatort war. Vier Monate später, im Oktober 2019, versuchte ein schwer bewaffneter Nazi in der Synagoge von Halle ein Blutbad unter jüdischen Gläubigen anzurichten. Nachdem das nicht gelang, erschoss er vor dem Gebäude eine Passantin und einen Gast in einem Döner-Imbiss. Am 19. Februar 2020 schließlich richtete ein Rassist in Hanau ein Blutbad Blutbad an. Neun Menschen aus polnischen, türkischen, kurdischen, bosnischen und afghanischen Familien und die Mutter des Mörders sterben. Am April wurde ein 15-jähriger Jugendlicher, der jesidische Kurde Arkan Hussein in Celle ermordet. Was die Mörder eint, ist ihr zutiefst rassistisches, antisemitisches und anti-feministisches Weltbild.

Einen Tag nach dem Massaker von Hanau am 19. Februar folgten Tausende dem Aufruf der Angehörigen auf die Straßen zu gehen und der Opfer zu gedenken. In Köln haben sich hunderte spontan an der Keupstraße versammelt, aus Solidarität mit den Betroffenen des rechten Terrors, gegen die Neonazi-Mörder und gegen ihre geistigen   Vorbereiter und Verbündeten.

Am Jahrestag des Anschlags in der Keupstraße gedenken wir der Opfer rassistischer Gewalt. Erinnern heißt verändern. Deshalb handeln wir gemeinsam gegen Rassismus. Migrantifa ist unsere Vision: Für die Gesellschaft der Vielen – Yalla, yalla, Migrantifa!

Für Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat und Michèle Kiesewetter, die vom NSU ermordet wurden.

Für Fatih Saraçoğlu, Ferhat Ünvar, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović,  Kalojan Welkow, Mercedes Kierpacz, Said Nesar El Hashemi, Sedat Gürbüz, Vili Viorel Păun, die in Hanau erschossen wurden.

Für Jana L. und Kevin S., die in Halle ermordet wurden.

Für Arkan Hussein Khalaf, der in Celle erstochen wurde und alle anderen Opfer rassistischer Gewalt.



Irkçılığa karşı harekete geçmek ve hatırlamak YALLA MIGRANTIFA

Keupstraße de gerçekleştirilen çivili bomba saldırısının 16. yıl dönümünde, Keupstraße mağdurları ve 2001 yılında NSU tarafından düzenlenen Probsteigasse‘daki bombalı saldırının mağdurları birlikte ırkçı şiddetden dolayı hayatını kaybedenleri ve tüm mağdur olan insanları anıp, ırkçılığa karşı mücadeleyi hatırlayacağız ve hatırlatacağız. Hanau katliamından sonra kurulan19 Şubat inisyatifin temsilcileride bizimle beraber olacak.

9 Haziran 2004 tarihinde Keupstraße da bir çivili bomba patlatılmış ve çok sayıda insan hafif ve bazıları ise ağır yaralanmıştı. Başından beri pek çok belirti N azilerin işlediği bir eylem olduğunu göstersede, yetkili kurumların şüphesi sokakta yaşıyanlara ve çalışanlara yoğunlaşmıştı.

Köln dışında da tanınan meşhur esnaflar caddesi „yabancı suç çevrelerin paralel dünyası“ olarak lanse edilmiş ve mağdurlar fail ilan edilmişti. NSU’un tüm suçları kabul etmesinden

sonra, bunların arasında 2000 ve 2009 yılları içinde 9 göçmenin ve bir polisin öldürülmesi bulunuyor, Başbakan Merkel bu eşi görülmemiş cinayet serisinin „eksiksiz bir şekilde ortaya çıkarılacığı“ sözünü vermişti.

Federal ve bir çok eyalet meclisinde yürütülen araştırma komisyonlarına ve Münih yüksek eyalet mahkemesinde 5 yıl süren ana davaya rağmen NSU-Kompleksi bu güne dek aydınlığa kavuşturulamamıştır. Tam tersi, silahlı Nazi gruplarını ve Anayasa Koruma Teşkilatını kapsayan bulgular araştırılmamış, hatta önceden hüküm giymiş iki önemli NSU yardımcısı ve sağcı terör ağınının sırdaşları Münih davası kararı sonrası hapishaneden tahliye edildiler. Neo-Nazi çevreleri bu kararı bir başarı olarak nitelendirip kutladılar, mağdurlar, avukatlar

ve onların destek verenleri ise mahkeme kararını gelecek Nazi eylemleri için cesaretlendirici bir olay olarak eleştirdiler.

Gerçekler ırkçı cinayetler ve saldırılar serisinin devam ettiğini göstermekte. 2 Haziran 2019 tarihinde Kassel hükümet başkanı Walter Lübcke’nin öldürülmesi, NSU-Kompleksinin yada kendi tanımlarına göre, hiç bir şekilde aydınlatılmayan, ırkçı „yoldaşlar ağının“ eylemlerini sürdürdüğünü ispatlamakta. Kassel kenti ayrıca, Halit Yozgat´ın katledilmesi sırasında olay yerinde bulunan Anayasa Koruma Teşkilatı elemanı ve muhbir sorumlusu Andreas Temme’nin etkinlik gösterdiği şehir olarak öne çıkmakta. Dört ay sonra, ekim 2019’da, ağır silahlı bir Nazi, Halle kentinde bir sinagog’a saldırı girişiminde bulunmuş, başarılı olamadığı için rastgele sokaktan geçen bir kadını ve dönerci dükkanında bulunan bir müşteriyi silahla

vurmuştur. Akabinde, 19 Şubat 2020 tarihinde bir ırkçı, Hanau kentinde iki tane Shisha Bar´a saldırmış ve bir katliam gerçekleştirmiştir. Dokuz insan olay yerlerinde katledilmiş ve fail akabinde annesini ve kendisini öldürmüştür. Son olarak 7 Nisan 2020 tarihinde 15 yasında bir genç Celle kentinde katledilmiştir. Tüm katilleri birleştiren ortak nokta, koyu ırkçı, yahudi

düşmanı ve kadın düşmanı dünya görüşüne sahip olmalarıdır.

19 Şubat Hanau katliamından bir gün sonra binlerce insan mağdur aileleri tarafından yapılan çağrıya uyup sokaklara çıkmış ve katledilenleri anmışlardır. Köln de işe yüzlerce kişi kendiliğinden Keupstraße’de toplanmış ve ırkçı terör mağdurlarıyla dayanışmalarını göstermişlerdir. Irkçı terörün failleri, düşünce babaları ve onların yardımcıları protesto edilmiştir. Keupstraße de gerçekleştirilen çivili bomba saldırısının yıl dönümünde orada anmak için „Herkesin Meydanı — Platz für Alle“ da buluşacağız. Orası hatıralarımıza bir mekan verecektir. Hatırlamak aynı anda değiştirmek demektir. Bunun için beraber ırkçılağa karşı hareket ediyoruz.

Migrantifa bizim vizyonumuz. Çokların toplumu için — Yalla, yalla, Migrantifa!

NSU tarafından öldürülen

Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat, Michèle Kiesewetter için.

Hanau’da vurulan Fatih Saraçoğlu, Ferhat Ünvar, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Kalojan Welkow, Mercedes Kierpacz, Said Nesar El Hashemi, Sedat Gürbüz, Vili Viorel Păun için.

Halle’de kurban giden Jana L. ve Kevin S. Için.

Celle’de bıçaklanan Arkan Hussein Khalaf ve tüm diğer ırkçı şiddet mağdurları için.

Veröffentlicht unter Antifa