26. August – 40. Jahrestag des rassistischen Brandanschlags in Duisburg

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Beim Brandanschlag in Duisburg-Wanheimerort in der Nacht vom 26. auf den 27. August 1984 wurde in einem Wohnhaus, in dem überwiegend aus der Türkei Eingewanderte wohnten, Feuer gelegt. Es starben sieben Menschen, weitere 23 wurden verletzt. Die Täterin wurde 1996 als Pyromanin verurteilt. Im Jahr 2018 wurde der Fall von der Initiative Duisburg 1984 wieder publik gemacht, wodurch der rassistische Hintergrund des Verbrechens endlich benannt wurde.

In Erinnerung an:
Ferdane Satır (40 Jahre)
Zeliha Turhan (18 Jahre)
Rasmin Turhan (18 Jahre)
Songül Satı (4 Jahre)
Ümit Satır (5 Jahre)
Çiğdem Satır (7 Jahre)
Tarik Turhan (52 Tage)

Die Überlebenden des rassistischen Brandanschlags in Duisburg 1984 rufen gemeinsam mit Betroffenen rassistischer Gewalt und Initiativen zu der Demonstration und Kundgebung auf, am Montag, 26. August, 17 Uhr, Kranichstr. 21, Duisburg

 

In der Nacht vom 26. auf den 27. August 1984 brannte das Wohnhaus in der Wanheimer Straße 301 in Duisburg-Wanheimerort. In dem Altbau wohnten ausschließlich Arbeitsmigrant:innen, sogenannte Gastarbeiter:innen, aus der Türkei und Jugoslawien mit ihren Familien. Das Feuer war kurz vor Mitternacht im Hausflur des Erdgeschosses ausgebrochen. In Windeseile verbreite es sich im ganzen Haus. Die Bewohner:innen waren vom einzigen Fluchtweg innerhalb weniger Minuten abgeschnitten. 57 Hausbewohner:innen wurden von den Flammen im Schlaf überrascht und versuchten zum Teil auf dramatische Weise, dem Feuer zu entkommen.

Im 2. Obergeschoss des Hauses wohnte Familie Satır.  Die Schwestern Rukiye und Aynur Satır konnten sich – wie durch ein Wunder – schwerverletzt mit einem Sprung aus dem Fenster retten. Für sieben ihrer Angehörigen kam jede Hilfe zu spät: Ferdane Satır (40 Jahre), Zeliha Turhan (18 Jahre), Rasmin Turhan (18 Jahre), Songül Satı (4 Jahre), Ümit Satır (5 Jahre), Çiğdem Satır (7 Jahre), Tarık Turhan (1 Monat).

Nach dem Brand begannen Brandsachverständige und Ermittler in den Trümmern nach der Ursache zu suchen. War es ein Unfall? War es Brandstiftung? Zwei Tage später berichtete die Frankfurter Rundschau, dass laut Staatsanwaltschaft über die Ursache des Feuers noch Unklarheit bestehe, Brandstiftung jedoch „so gut wie sicher“ ausgeschlossen werden könne. In der Woche darauf berichtete der Stern, dass bis vor zwei Monatenan den Fabrikmauern längs der Wanheimer Straße noch Hetzparolen wie ‚Türken Raus‘ zu lesen gewesen seien. Der Spiegel erwähnt in einem Bericht über rechte, rassistische Gewaltf im Oktober 1984 die Hakenkreuze an der Hauseingangstür am Tatort.

Auch aus der Zivilgesellschaft in Duisburg wurden Stimmen laut, die als Motiv beim Brandanschlag auf Rassismus hinwiesen. Am 11. Oktober 1984 fand auch in Duisburg der bundesweit organisierte „Marsch gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit“ statt. Die Demonstrant:innen protestierten gegen die Rückkehrpolitik der Bundesregierung und gegen „Ausländer Raus-Parolen“. Eine Bürger:inneninitiative forderte die die Ermittlungsbehörden und Oberbürgermeister Krings öffentlich auf, das Motiv „Ausländerfeindlichkeit“ zu überprüfen. Sie hätten in jüngster Zeit Bedrohungen von rechten Gruppen dokumentiert, Aufkleber mit „Ausländer-Raus“-Parolen und Hakenkreuz- Schmierereien an der Wand des abgebrannten Hauses gesichtet und es hätte konkrete Drohungen gegen Migrant:innen gegeben. Die dpa hatte am 3. September 1984 berichtet, die Staatsanwaltschaft habe erklärt, dass es keine konkreten Anhaltspunkte auf mögliche Täter gebe. „Ausgeschlossen sei aber, dass der Brand aufgrund von Ausländerfeindlichkeit gelegt worden sei.“

Tatsächlich haben die Ermittlungsbehörden den Täter für längerer Zeit ausschließlich im Umfeld ehemaliger Bewohner des Hauses gesucht, heißt es in einem Bericht des Berliner Rechtsanwalts Lukas Bastisch, den er im Auftrag der Überlebenden Aynur Satır erstellte. „Auch das später in dieser Sache gefällte Urteil lässt eine eingehende Auseinandersetzung mit einer rassistischen Tatmotivation vermissen, obwohl es hierfür Anhaltspunkte gegeben hat. Das Ziel des Brandanschlags – ein Haus mit migrantischen Bewohner*innen in einem migrantischen Stadtteil – wurde als solches weder durch die Ermittlungsbehörden noch durch das Gericht erkannt.“ Ein Bewohner des Wohnhauses saß 1991 sechs Monate in Untersuchungshaft, weil er fälschlicherweise verdächtigt wurde, den Brand gelegt zu haben. Drei Jahre später kündigte Evelin D. aus der Justizvollzugsanstalt in Mülheim in einem handschriftlich Brief an die Polizei ein Geständnis an und gab bei einer Vernehmung tatsächlich zu, 1984 den Brand in der Wanheimer Straße 301 und einen weiteren, ebenfalls nicht aufgeklärten Brandanschlag, im Januar 1993 in einem Geflüchtetenwohnheim in der Duisburger Straße in Duisburg-Hamborn gelegt zu haben. Wie durch ein Wunder starb dabei niemand in dem Geflüchtetenwohnheim. Im Urteil des Landgerichts Duisburg vom Dezember 1996 wurde Rassismus als Motiv nicht näher untersucht und so blieb die Frage unbeantwortet, warum die Täterin in einer Zeit, in der Hetze und Gewalt gegen Migrant:innen Hochkunjunktur hatten, Unterkünfte von Menschen, die von Rassismus, Ausgrenzung und Marginalisierung betroffen sind. Bei der Täterin wurde Pyromanie diagnostiziert, aufgrund eines forensischen Gutachtens verurteilt und in einer forensischen Psychiatrie untergebracht, wo sie später starb.

Sowohl von den Überlebenden und Angehörigen als auch von den Duisburger migrantisierten Communities wurde diese frühzeitige Festlegung der Politik und der Ermittlungsbehörden als entwürdigend empfunden. Gleichzeitig hatte diese Ermittlungsrichtung Konsequenzen: Einige fühlten sich im Nachhinein verängstigt, Rassismus anzuklagen, und somit auch die Entscheidungen von Politik, Polizei und Staatsanwaltschaft in Frage zu stellen.

Erst 2018 wurde der rassistische Hintergrund des Verbrechens durch die Initiative Duisburg 1984 publik. Die Überlebenden des Brandes in Duisburg-Wanheimer Ort kämpfen 40 Jahre nach der Tat gemeinsam mit anderen Betroffenen rassistischer und antisemitischer Gewalt für Erinnerung und fordern Aufklärung, Gerechtigkeit, Konsequenzen und Entschädigung.

https://ein-anderes-duisburg.de/episode/Von-Rassismus-wurde-nicht-gesprochen!
https://www.inidu84.de/

Veröffentlicht unter Antifa

Kundgebung heute um 17 Uhr in Solingen – Kein Platz für Islamismus und Faschismus!

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Kundgebung
Pogrome verhindern bevor sie entstehen!

Sonntag, 25. August 2024
17 Uhr – Hauptstraße / Ecke Breidbacher Tor
Solingen

Die Junge Alternative und weitere Parteien und Organisationen aus dem gesamten Spektrum der extremen Rechten mobilisieren bundesweit für heute 18 Uhr an die Nähe des Tatorts und einer Unterkunft für Geflüchtete.

Wir wollen um die Opfer des islamistischen Anschlags trauern. Gleichzeitig stellen wir uns den Nazis in den Weg. Wir überlassen der faschistischen Hetze nicht den Raum!

Wir bleiben dynamisch!

Kein Platz für Islamismus und Faschismus!

Infos: Wuppertal stellt sich quer – instagram.com/wuppertal_ssq

„Eine wirkliche Kommunistin“ – Straßenfest am 24.8. für Auguste Kirschey zu ihrem 100.Todestag

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„Eine wirkliche Kommunistin“
Straßenfest für Auguste Kirschey zu ihrem 100.Todestag
24. August 2024 ab 17:00 Uhr
Grünewalder Berg 39 Wuppertal-Elberfeld

Getränke – Musik – Stadtteilgeschichten – Ausstellungsstart „Wuppertaler Orte der Demokratiegeschichte“

Kurzvortrag: Antonia Lammertz/ Dieter Nelles
Musik von: Lillith  //  Uli Klan  // Tom Capri and the brush making music players

Wir würdigen mit unserem kleinen Straßenfest die erste Stadtverordnete der KPD in Elberfeld 1924. Die Antimilitaristin trat 1917 in die USPD ein, agierte als überregionale Rednerin des Internationalen Bundes der Opfer des Krieges und der Arbeit und war eine ausgewiesene Kämpferin für soziale Gerechtigkeit, z.B. 1920 bei der Unterstützung der Kämpfer*innen der Roten-Ruhr- Armee genauso wie bei der Durchsetzung von niedrigen Lebensmittelpreisen…

Albert Norden, der Elberfelder Rabbinersohn, spätere Widerstandskämpfer und Nazijäger der SED, dem Auguste Kirschey von einem Arbeitskollegen als „wirkliche Kommunistin“ vorgestellt wurde, erinnerte sich: „Wenn ich an jene Zeit denke, dann will mir die Familie Kirschey nicht aus dem Sinn.“ Er beschrieb Auguste Kirschey – Mutter von 6 Kindern und Witwe, , als sachkundige und aufrüttelnde Referentin. Auguste Kirschey sähe „bedeutend älter aus, so sehr hatte der persönliche Schmerz, die Sorge um ihre 6 Kinder und die permanente Unterernährung ihr Gesicht gezeichnet (…) Sie hat den eigenen Kindern und breiten proletarischen Kreisen in Elberfeld ein Beispiel gegeben, wie eine Arbeiterin gegen die einflußreiche Reaktion für die Sache des friedlichen Fortschritts der Menschheit lebt und kämpft.“

Auguste Kirschey starb 1924 im Alter von nur 40 Jahren.

Ihre sechs Kinder waren alle im Widerstand gegen das NS-Regime aktiv. Anna (geb.1904), die nicht politisch organisiert war, schmuggelte Solidaritätsgelder von Amsterdam für den Wuppertaler Widerstand. Willi (geb. 1906) emigrierte 1933 nach Frankreich, wurde dort im Juli 1944 verhaftet und erlebte die Befreiung im KZ Buchenwald. Walter (geb. 1908) wurde 1934 zu sechs Zuchthaus verurteilt und desertierte 1944 als Angehöriger des Strafbataillons 999 in Jugoslawien. Alfred (geb. 1911) emigrierte 1935 wegen illegaler Aktivitäten nach Amsterdam, wo er den Krieg überlebte. Helmut (geb. 1913) emigrierte im November 1933 nach einer halbjährigen KZ-Haft in die Niederlande, kämpfte im Spanischen Bürgerkrieg und lebte dann in Göteborg. Hans (geb. 1915) war an illegalen Aktivitäten beteiligt.

Veranstalter*innen:
Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal e. V. Kopp auf! Wuppertaler Initiative für nachhaltige Entwicklung e.V. , Das Autonome feministische Referat der Uni Wuppertal

Veröffentlicht unter Antifa