Wuppertaler Polizei wieder in der Kritik

Am 26. November sollte die von den Wuppertaler Grünen organisierte Podiumsdiskussion zu dem Thema „Neonazi-Szene in Wuppertal und Strategien gegen diese“ stattfinden.
Nachdem das Medienprojekt Wuppertal auch einen Vertreter ins Podium dieser Diskussionsveranstaltung entsandte, wurde die Veranstaltung letzte Woche von der Wuppertaler Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher abgesagt. Am Wochenende wurde die Absage nachträglich damit legitimiert, das nicht genügend Prominenz auf dem Podium vertreten sei. Das wäre zutreffend, denn vor der Absage von der Polizeipräsidentin sollen laut Polizeisprecher Detlev Rüter auch Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) und Sozialdezernent Dr. Stefan Kühn (SPD) abgesagt haben. Allerdings wurden beide nie zu der Veranstaltung eingeladen. Daher kann die Begründung für die Absage von Birgitta Radermacher nur eine schlechte Ausrede sein.
Doch gerade in Wuppertal, wo sich eine der aktivsten Neonazi-Szenen in NRW entwickelt, verharmlost die Polizei systematisch jedwedes Problem mit den Neonazis und schaut stetig weg.
So geriet die Wuppertaler Polizei in den letzten Jahren immer wieder in die Kritik.
Einzelne oder Gruppen, die sich gegen die Nazis wehren, wurden nicht ernst genommen oder wie im Fall der Zeug*innen des Medienprojekts gezielt verunsichert. Und Menschen, die sich gegen gewalttätige Angriffe der Neonazis schützen, laufen Gefahr, von der Polizei als „Linksextremisten“ diffamiert und kriminalisiert zu werden.
Aber auch die Debatte um den in den Innendienst versetzten Polizeibeamten Markus Preuß zeigt die Handlungsmaxime des Polizeipräsidiums in Wuppertal. Im Herbst 2011 äußerte sich der damalige Leiter der Polizeiwache in Vohwinkel gegenüber Journalist*innen von Radio Wuppertal und grünen Kommunalpolitiker*innen wie folgt: „Nazis machen in Vohwinkel kaum Probleme, das wahre Problem sind in Vohwinkel Linksradikale und Migrant*innen.“ Erst nach großem öffentlichen Druck wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet, über dessen Ausgang sich die Polizei nicht äußern wollte.
Offensichtlich ist die Wuppertaler Polizei nicht nur auf dem rechten Auge blind, sondern auch auf dem rechten Ohr taub. Bei der Demonstration am 9. November 2011 in Vohwinkel skandierten die Neonazis Parolen wie „Mehr Gas – mehr Gas – mehr Gas“, „6 Millionen sind nicht genug“ und fotografierten Demoteilnehm*innen. Aber keiner der zahlreich anwesenden Polizeibeamt*innen hatte es gehört. „Die Polizei vor Ort“, heißt es in der WZ, „habe das registriert aber nicht als strafrelevant eingestuft.“ (siehe Artikel vom 09.12.2011) Erst nachdem mehrere Bürger*innen Anzeige wegen Volksverhetzung eingelegt hatten, wurden die Hinweise an die Staatsanwaltschaft zur rechtlichen Prüfung geleitet. Vermutlich sind auch diese Ermittlungen inzwischen eingestellt worden.
Jetzt kommt es zum zweijährigen Jahrestages des justiziablen Nichtstun nach dem Neonaziüberfall auf das CinemaxX (siehe Artikel vom 09.12.2010, 11.10.2011, 22.11.2011) zu einer Podiumsdiskussion und nachdem ein scharfer Kritiker des polizeilichen Nichtstuns das Podium betreten soll, wird die Diskussion abgelehnt. Dieses Verhalten kritisiert auch das Medienprojekt in der heutigen Pressemitteilung.
Sind die Wuppertaler Behörden tatsächlich so unfähig und/oder faul, oder sind die Gründe für die „Strafvereitelung im Amt“ noch gravierender? Es zu befürchten, dass an den Überfällen der Neonazis V-Leute beteiligt waren und daher ernsthafte Ermittlungen nicht gewünscht waren, bzw. sind. Spätestens seit dem Bekanntwerden der über sieben Jahre andauernden Mord- und Anschlagsserie des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) und dem Solinger Brandanschlag von 1993 ist offensichtlich, dass der Staatsschutz und Verfassungsschutz zur Deckung seiner V-Leute (damals Bernd Schmitt mit seiner Kampfsportschule Hak Pao in Solingen) auch mal seine Ermittlungsakten vernichtet, kreativ gestaltet bzw. Belastungen einfach weglässt.

Im Folgenden dokumentieren wir die Pressemitteilung vom „Medienprojekt Wuppertal“ (22. Oktober 2012) sowie weitere Pressemeldungen.

Undemokratisches Verhalten der Wuppertaler Polizeipräsidentin
Letzte Woche zog die Wuppertaler Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher ihre bereits gemachte Zusage zur Teilnahme an der Podiumsdiskussion „Rechtsextremismus in Wuppertal/ Strategien gegen Rechtsextremismus“ der Grünen am 26. November zurück, nachdem auch das Medienprojekt Wuppertal mit einem Vertreter zu der Diskussion eingeladen wurde. Die Wuppertaler Staatsanwaltschaft hat ihre Zusage ohne Angabe von Gründen zurückgezogen.
Wir empfinden das Verhalten der Wuppertaler Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher, in dem sie sich der öffentlichen Diskussion entzieht, als undemokratisch und kontraproduktiv für die Bekämpfung von Rechtsextremismus.
Das Wuppertaler Medienprojekt ist die renommierteste Einrichtung für Jugendvideoarbeit in Deutschland und für seine medienpädagogische Arbeit mehrfach national und international ausgezeichnet worden. Seine politische Bildungsarbeit z. B. durch Filme von Jugendlichen gegen Rechtsextremismus ist weit über die Stadtgrenzen von Wuppertal anerkannt und effektiv in der Aufklärung gegen Rassismus und Rechtsextremismus.
Dass die Polizeipräsidentin so unsouverän auf kritische Filme aus der Produktion des Medienprojektes über die Polizeiarbeit gegen Rechtsextremisten reagiert, ist eine Bankrotterklärung an die von ihr proklamierten Prävention gegen Rechts. Wenn in Wuppertal die demokratisch-aufklärerisch Handelnden im Kampf gegen Rechtsextremismus nicht mehr miteinander reden, was ist das für ein Zeichen für Wuppertaler BürgerInnen, die sich mit Mut gegen Ausgrenzung und für Demokratie engagieren?

Westdeutsche Zeitung: Grüne werfen Polizei falsche Aussage vor
Von Robert Maus
OB Jung und Kühn seien nie eingeladen gewesen.
Wuppertal. Die Wuppertaler Grünen werfen der Polizei vor, in Bezug auf die Absage von Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher an einer Tagungsveranstaltung zum Rechtsextremismus in Wuppertal nicht die Wahrheit zu sagen. Hintergrund ist, dass die Polizeipräsidentin die Zusage, an der Veranstaltung teilzunehmen, zurückgezogen haben soll, nachdem Vertreter des Wuppertaler Medienprojektes dazu eingeladen worden waren. Das hatte das Medienprojekt scharf kritisiert. Polizeisprecher Detlev Rüter hatte die Präsidentin mit dem Argument verteidigt, sie habe erst abgesagt, als Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) und Sozialdezernent Stefan Kühn (SPD) abgesagt hätten.
Darüber ist Martin Möller, Sprecher der Wuppertaler Grünen, verwundert. Seiner Auskunft nach waren Jung und Kühn nie zu der Veranstaltung eingeladen, konnten daher auch nicht absagen. Zudem habe die Präsidentin in ihrer Absage geschrieben: „Nachdem der Teilnehmerkreis nun von Ihnen noch erweitert wurde.“ Möller folgert: Die Absage lag am Medienprojekt. – (24.10.2012)

Wuppertaler Rundschau: Grüne: Verwunderung über Polizei
Die Wuppertaler Grünen wundern sich über eine Stellungnahme der Polizei. Sie bezieht sich auf die Absage von Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher für eine Podiumsdiskussion im November über Rechtsextremismus. Die Begründung, dass auch Oberbürgermeister Peter Jung und Sozialdezernent Stefan Kühn nicht teilnehmen würden, sei erstaunllich. „Wir haben für diese Veranstaltung nie auch nur in Erwägung gezogen, den Oberbürgermeister oder den Sozialdezernenten der Stadt einzuladen. Daher gab es nicht mal eine Anfrage in diese Richtung. Die Aussage der Polizei kann daher nur eine Schutzbehauptung sein“, so Kreisverbands-Sprecher Martin Möller. Man gehe davon aus, dass die Teilnahme des Medienprojektes der wahre Grund sei. – (24.10.2012)

Radio Wuppertal: Medienprojekt kritisiert Polizeipräsidentin
Die Kritik am Verhalten von Wuppertals Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher reißt nicht ab. Jetzt hat sich auch das Wuppertaler Medienprojekt zu Wort gemeldet. Es geht um eine Podiumsdiskussion zum Thema Rechtsextremismus, die Birgitta Radermacher abgesagt hatte. Dass Radermacher die Diskussion abgesagt habe, sei undemokratisch und kontraproduktiv, sagt das Medienprojekt. Die Polizei widerspricht: Das Podium sei nicht mehr hochkarätig genug besetzt gewesen, nachdem Oberbürgermeister Jung und Sozialdezernent Kühn ihre Teilnahme ebenfalls abgesagt hatten. Außer dem Medienprojekt hatten sich auch die Wuppertaler Grünen über die Absage Radermachers beschwert. – (23.10.2012)

njuuz.de: Stellungnahme der Polizei löst bei GRÜNEN Verwirrung aus
Mit großer Verwunderung nimmt der Kreisverband BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Stellungnahme der Polizei zur Kenntnis, Frau Polizeipräsidentin Radermacher habe ihre Teilnahme nur abgesagt, nachdem Oberbürgermeister Jung und Sozialdezernent Kühn nicht an der geplanten Veranstaltung gegen Rechtsextremismus teilnehmen würden.
Diese waren nie eingeladen und wurden auch nicht erwähnt.
Die Polizeipräsidentin schrieb in dem Brief mit ihrer Absage: “nachdem der Teilnehmerkreis nun noch von Ihnen erweitert wurde”. Dies lässt keinen anderen Rückschluss zu, als dass die Teilnahme des Medienprojektes auf dem Podium der Grund ihrer Absage war, denn sie wurden nach den Zusagen der Polizeipräsidentin und der Staatsanwaltschaft in der Teilnehmerliste ergänzt.
„Wir haben für diese Veranstaltung nie auch nur in Erwägung gezogen, den Oberbürgermeister oder den Sozialdezernenten der Stadt einzuladen. Daher gab es nicht mal eine Anfrage in diese Richtung. Die Aussage der Polizei kann daher nur eine Schutzbehauptung sein.“, so Martin Möller, der Sprecher des Kreisverbandes. – (23.10.2012)

Medienprojekt: Polizei wehrt sich gegen die Kritik
Von Robert Maus
Absage von Birgitta Radermacher hatte andere Gründe.
Wuppertal. Mit scharfer Kritik reagiert das Wuppertaler Medienprojekt auf die Absage der Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher, an der Tagung „Rechtsextremismus in Wuppertal/Strategien gegen Rechtsextremismus“ teilzunehmen. Wie die WZ bereits berichtete, wollten die Grünen diese Tagung am 26. November veranstalten und hatten auch bereits die Zusage der Polizeipräsidentin und der Staatsanwaltschaft.
Nachdem auch Vertreter des Wuppertaler Medienprojekts an der Podiumsdiskussion teilnehmen sollten, habe die Polizeipräsidentin ihre Zusage zurückgezogen. Das Projekt kritisiert: „Wir empfinden das Verhalten der Polizeipräsidentin, in dem sie sich der öffentlichen Diskussion entzieht, als undemokratisch und kontraproduktiv für die Bekämpfung von Rechtsextremismus.“
„Die Absage von Frau Radermacher hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Medienprojekt zu tun“, reagiert Polizeisprecher Detlev Rüter auf die Vorwürfe. Es sei vielmehr so, dass auch der Oberbürgermeister, der Sozialdezernent und der leitende Oberstaatsanwalt abgesagt hätten. Dies sei die geplante Gesprächsebene für die Präsidentin gewesen. Rüter erinnerte daran, dass Birgitta Radermacher in der Vergangenheit immer wieder an polizeikritischen Diskussionsrunden teilgenommen habe. – (22.10.2012)

wdr.de: Keine Diskussion zur rechten Szene in Wuppertal
Die Wuppertaler Grünen haben eine Diskussionsveranstaltung zum Rechtsextremismus Ende November (2012) abgesagt. Grund sind Unstimmigkeiten zur Besetzung des Podiums. Nach Angaben der Grünen wollten Polizei und Staatsanwaltschaft offenbar nicht mit einem Sprecher des Wuppertaler Medienprojekts über die rechte Szene in der Stadt diskutieren. Seit dem Überfall vermutlich rechter Schläger auf eine Veranstaltung des Medienprojekts vor zwei Jahren ist das Verhältnis zwischen den beteiligten Stellen gestört. – (22.19.2012)

Wuppertaler Rundschau: Grüne: Scharfe Kritik an Polizeipräsidentin
Die Wuppertaler Grünen haben die für den 26. November 2012 geplante Podiumsdiskussion zum Thema „Rechtsextremismus in Wuppertal/Strategien gegen Rechtsextremismus“ in der „börse“ abgesagt. Gleichzeitig kritisieren sie Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher. Sie habe „ihre bereits gemachte Zusage zur Teilnahme diese Woche zurückgezogen, nachdem das Medienprojekt Wuppertal auch einen Vertreter (…) entsandte“. Die Staatsanwaltschaft sei ohne Angaben von Gründen abgesprungen. Es sei „sehr bedauerlich, dass die Polizeipräsidentin offensichtlich einem wirklichen Diskurs mit in Wuppertal von rechtsextremen Umtrieben Betroffenen scheut“, so der grüne Kreisverbandssprecher Martin Möller. Eine Diskussionsveranstaltung ist nur sinnvoll, wenn es auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit unterschiedlichen Ansichten gibt, die etwas zu diskutieren haben. – (20.10.2012)

Radio Wuppertal: Podiumsdiskussion über Rechtsextremismus geplatzt
Eine geplante Podiumsdiskussion zu Rechtsextremismus in Wuppertal muss ausfallen, weil Polizei und Staatsanwaltschaft abgesagt haben. Laut Polizei verzichtet Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher auf die Teilnahme, weil das Podium nach Absagen des Oberbürgermeisters und von Sozialdezernent Stefan Kühn nicht mehr hochkarätig genug besetzt war. Die Grünen ärgern sich darüber: Sie wollten Ende November unter anderem mit der Polizeipräsidentin und einem Oberstaatsanwalt über Strategien gegen Nazis in der Stadt diskutieren. Als möglichen Auslöser für die Absagen sehen die Grünen selbst die Teilnahme des Medienprojekts. Das hatte in seinen Filmen zu Demos und Nazi-Aufmärschen die Beamten mehrfach scharf kritisiert. – (20.10.2012)

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