Die Dritte Welt im 2. Weltkrieg – Ausstellung undVeranstaltungen vom 8. bis 14. April

Flyer (pdf – 4,8 mb)

BOB CAMPUS Nachbarschaftsetage Max-Planck-Straße 19, Wuppertal-Wichlinghausen

Veranstaltungsreihe: 80 Jahre Befreiung vom Nationalsozialismus

Öffnungszeiten:

8.4.2025  10-13 Uhr sowie 14-18 Uhr

9.4.2025 – 12.4.2025 19:00 Uhr bis 22:00 Uhr

11.4.2025 10-13 Uhr sowie 14-17 Uhr

14.4.2025 19:00 Uhr bis 22:00 Uhr

Wir bieten auch Führungen für Schulen, Lerngruppen etc. an.
(Terminabsprache über info@wuppertaler-widerstand.de)

Veranstalter:innen: Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal in Kooperation mit Arbeit und Leben Berg-Mark, Jappoo e.V , Dunua e.V., der GEW Wuppertal  und der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW.

Mit Unterstützung des kommunalen Förderprogramms „Gemeinsam im Quartier“, der Stiftung EVZ und der Stiftung „Orte der der deutschen Demokratiegeschichte“

https://nrw.rosalux.de/veranstaltung/es_detail/9WXSM/die-dritte-welt-im-2-weltkrieg?fbclid=IwY2xjawJVCapleHRuA2FlbQIxMAABHRMyie-alMq4Uqf0dqeWEM0DqiZvn5NHtMINJlHDI1XK78JYy30HqkylSQ_aem_MykAx4zI0DlMSTbAHN01EA
Wusstet ihr schon?

Wusstet ihr schon, dass Europa vor 80 Jahren auch von marokkanischen, senegalesischen und 

brasilianischen Soldaten befreit wurde?

Wusstet ihr, dass im zweiten Weltkrieg über 30.000 Menschen als Kriegsgefangene und 

Zwangsarbeitende aus dem besetzten Europa und aus Nordafrika nach Wuppertal verschleppt wurden und unter elenden Bedingungen für Hitlers Krieg schuften mussten?

Kennt ihr den wichtigen Beitrag der Partisan*innen im Kampf gegen Nazideutschland und bei der Befreiung Europas?

Kennt ihr den Beitrag der Roma-Partisan*innen in der Jugoslawischen Befreiungsarmee?

Wir möchten die Geschichte des 2. Weltkrieges jetzt auch aus der Perspektive der afrikanischen und brasilianischen Soldaten, aus der Perspektive der griechischen und jugoslawischen, der Roma-Partisan*innen, der Kämpfer*innen der migrantischen Resistancegruppe FTP-Moi, ihrer armenischen, deutschen, jüdisch-polnischen und sogar kurdischen Kämpfer*innen und der Zwangsarbeiter*innen und Kriegsgefangenen erzählen.

Schwerpunkt der Ausstellungs- und Veranstaltungsaktivitäten werden die Stadtquartiere Wichlinghausen, Oberbarmen und Heckinghausen sein. Mit unserem Angebot möchten wir gezielt

in diese Stadtteile hineinwirken. Hier leben seit vielen Jahrzehnten viele Migrant*innen, hier existieren migrantische Netzwerke, Netzwerke und Vereine, die von Menschen mit internationaler Familiengeschichte aufgebaut wurden.

Ein Teil dieser Communitys hat direkten biographischen Bezug zur Geschichte des 2. Weltkriegs, z.B. die griechischen Wuppertaler*innen, deren Familien zum großen Teil aus den Gebieten in Nordgriechenland stammen, in denen die deutsche Wehrmacht und die Waffen-SS zahlreiche Massaker an der Zivilbevölkerung verübt und hunderte von Dörfern dem Erdboden gleichgemacht hat.

Die Wuppertaler*innen aus Nordafrika und aus Westafrika haben z.T. biographische Bezüge zu den Kolonialsoldaten, die auf Seiten Frankreichs gegen Nazi-Deutschland kämpften.

Auch die Wuppertaler Ukrainer*innen und Russ*innen, auch diejenigen aus der jüdischen Kultusgemeinde, haben in vielen Fällen eine (gemeinsame) Geschichte als Nachkommen von 

Rotarmist*innen, Zwangsarbeitenden und Kriegsgefangenen. 

Schließlich sind natürlich auch die leidvollen Familiengeschichten in den polnischen, italienischen, serbischen, albanischen und anderen migrantischen Familien zu würdigen,aber auch hier sind wir erst am Anfang einer erweiterten  internationalen Erinnerungsarbeit.

Möglicherweise ist die Ausstellung und die erstmalige öffentliche Würdigung der „ausländischen“ Soldaten und Partisan*innen eine kleine Chance endlich die migrantischen Wuppertaler*innen in die Erinnerungskultur bzw. in die „deutsche Geschichte“ einzubeziehen, die in Wahrheit (nicht nur in Bezug auf die NS- und Kriegszeit) immer schon eine Weltgeschichte ist.

Darüber hinaus möchten wir Schulklassen und andere Lerngruppen zum (geführten) Ausstellungsbesuch auf den BOB-Campus einladen.
Gerade in den „globalisierten Klassenzimmern“ unserer Stadt könnte die Ausstellung eine Ergänzung und Bereicherung des Schulunterrichts sein.

Zur Ausstellung:


Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg

Ein vergessenes Kapitel der Geschichte

Millionen Soldaten aus Afrika, Asien und Ozeanien haben im Zweiten Weltkrieg gekämpft, um die Welt vom deutschen und italienischen Faschismus sowie vom japanischen Großmachtwahn zu befreien. Sowohl die faschistischen Achsenmächte als auch die Alliierten rekrutierten in ihren Kolonien Hilfstruppen und Hilfsarbeiter oftmals mit Gewalt. Hunderttausende Frauen waren Opfer sexueller Gewalt.

Rekruten aus denKolonien mussten sich mit weniger Sold, schlechteren Unterkünften und geringeren Kriegsrenten als ihre «weißen Kameraden» zufrieden geben. 

Weite Teile der Dritten Welt dienten auch als Schlachtfelder und blieben nach Kriegsende verwüstet und vermint zurück.

Doch so gravierend die Folgen des Zweiten Weltkriegs in der Dritten Welt auch waren, in der
hiesigen Geschichtsschreibung kommen sie nicht vor. Dies zu ändern ist das Ziel eines historischen Langzeitprojekts, mit dem das Rheinische JournalistInnenbüro in Köln im Jahre 1996 begann und das seit 2000 von dem gemeinnützigen Verein recherche international e.V. getragen wird. Auf der Basis von zehnjährigen Recherchen in 30 Ländern entstand 2005 das erste deutschsprachige Buch zum Thema (nachdem vier Auflagen des Verlags Assoziation A vergriffen sind) bietet die Bundeszentrale für politische Bildung seit Ende 2014 eine ungekürzte und preisgünstige Paperback- Ausgabe).

Die Ausstellung besteht aus vier geografischen Kapiteln (zu Afrika, Asien, Ozeanien und Südamerika & Karibik) sowie aus zwei thematischen (zu „Judenverfolgung außerhalb Europas“ und „Kollaboration“). An zehn Hörstationen berichten Zeitzeug:innen aus verschiedenen Kontinenten von ihren Kriegs-erfahrungen.

Wir zeigen in Wuppertal nur die „kleine Schwester“ der großen Ausstellung, die bis Anfang Juni 2025 in Gänze und mit großem Veranstaltungsprogramm im NS-DOK in Köln zu sehen ist. Wir danken recherche international e.V. , insbesondere Karl Rössel für eure jahrzehntelange Arbeit und für die Überlassung der Wanderausstellung.

Veranstaltungsreihe: 80 Jahre Befreiung vom Nationalsozialismus

9.4.2025 (Mittwoch)  19:00 Uhr BOB-Campus

Eröffnung mit den Historikern Cheikh Djibril Kane und Oliver Schulten 

Grußwort von Lamine Soumah, Vorstandvorsitzender Dunua e.V.

Musik von Etienne Eben

Afrikanisches Fingerfood

– Fataya (gefüllte Teigtasche mit Hackfleisch, Gemüse, Paprika und Zwiebeln) 
– Samoussa (gefüllt mit Hähnchenbrustfilet) 
– Platin (frittierte Kochbananen)

Zubereitet von Sophie Biaye von Soleil d’Afrique.

10.4.2025 (Donnerstag) 19:00 Uhr BOB-Campus


The Balkony – Memories of Occupation“ (Der Balkon – Wehrmachtsverbrechen in Griechenland) Deutsche Kriegsverbrechen und Partisanenwiderstand im Epirus / Nordgriechenland

Griechischer Dokumentarfilm von Chrysanthos Konstantinidis 

Einführung mit dem Historiker Stephan Stracke – Moderation Georgina Manfredi

Ligiades, ein Bergdorf im Norden Griechenlands in der Nähe des Ortes Ioannina, wird wegen seiner Aussicht „der Balkon von Ioannina“ genannt.
In Ligiades fand eines der furchtbarsten NS-Verbrechen während der deutschen Besatzung Griechenlands im II.Weltkrieg statt. Am 3. Oktober 1943 kamen die Soldaten der 1. Gebirgsdivision die engen Serpentinen hoch in das Dorf. Die deutschen Wehrmachtsoldaten wollten Rache nehmen für den von Partisanen getöteten Oberstleutnant Josef Salminger. An jenem Sonntag waren fast nur Kinder, Frauen und Greise im Ort, die Männer waren auf den Feldern. Die Soldaten töteten wahllos, unter den 82 Ermordeten befanden sich 34 Kinder und 37 Frauen. Das jüngste Opfer war zwei Monate alt, das älteste 100 Jahre. Anschließend plünderten die Soldaten das Dorf und zündeten die Häuser an. Der Rauch des brennenden Dorfs auf dem „Balkon“ war von weitem zu sehen und die Bewohner der umliegenden Orte wussten, was in Ligiades geschah. Die deutschen Besatzer setzten ein mörderisches Zeichen, um den Widerstand der griechischen Bevölkerung zu brechen.

11.4.2025 (Freitag) 20:00 Uhr BOB-Campus

FTP-Moi „Weder Arbeit, noch Familie, noch Vaterland“ (Filmvorführung)

Die Überlebenden der „35. FTP-MOI-Brigade“ (Francs-Tireurs et Partisans-Main d’oeuvre 

Immigrée) aus Toulouse berichten über die Résistance.

Sie waren Gymnasiasten, Studenten, Bauernsöhne, Arbeiter. Unter ihnen waren Juden, Ausländer und Kommunisten. Einige wurden in Frankreich geboren, andere in Polen, Ungarn, Rumänien, Italien, Spanien oder Brasilien. Im Jahr 1939 kannten sie sich noch nicht. 1943 bewaffneten sie sich in Toulouse gegen die Nazi-Besatzung und das Vichy-Regime. Hier erzählen sie ihre Geschichte.


12.4.2025 (Samstag) 16:00 Uhr Treffpunkt Bahnhof Wichlinghausen

Über den Kampf der Zwangsarbeiter*innen und Widerstandskämpfer*innen in Wichlinghausen.

Stadtteilspaziergang durch Wichlinghausen anschl. Besuch der Ausstellung im BOB-Campus.

(mit dem Historiker Stephan Stracke)


12.4.2025 BOB-Campus 19:00 Uhr

Tage des Ruhms (Indigènes) (Filmvorführung)

1943. In Europa tobt der 2. Weltkrieg. Vier junge Algerier ziehen in den Krieg um Frankreich von der Besatzung durch die Nazis zu befreien. Zusammen mit über 200.000 Kolonial-Truppen riskieren sie ihr Leben für ein Land, das sie nie gesehen haben. Die epische Reise führt Messaoud, Said, Abdelkader und Yassir von Afrika nach Italien, wo sie in den verlustreichen Schlachten von Monte Cassino ihre Feuerprobe bestehen müssen. Im Rahmen der Operation Dragoon landen sie anschließend in der Provence und befreien Marseille. Doch in den eigenen Reihen werden sie immer wieder diskriminiert und gedemütigt. Und so kämpfen die vergessenen Helden nicht nur für ein freies Europa, sondern auch für die eigene Anerkennung, Gleichbehandlung und Respekt. Im Elsass kommt es zum finalen Gefecht mit der Wehrmacht.

14.4.2025 17:00 Uhr Haupteingang Friedhof Varresbeck: Gedenkfeier zum 80. Todestag von 

Ahmed Ben M´Hamed, Kriegsgefangener aus Marokko.

Ahmed Ben M´Hamed starb am 14.4.1945, zwei Tage vor der Befreiung Wuppertals, im Lager Giebel. 

Stellvertretend für weitere maghrebinische Kriegsgefangene, die in Wuppertal zur Arbeit gezwungen wurden und verstarben, möchten wir, 

gerne in Zusammenarbeit mit marokkanischen Vereinen ein Gedenkzeichen einweihen.



14.4.2025 19:00 Uhr BOB-Campus

Die vergessenen Befreier aus Marokko und dem Senegal

Unsichtbare und vergessene Geschichten aus dem 2.Weltkrieg.

Veranstaltung mit:

Karima Benbrahim (Düsseldorf): Maghrebinische Soldaten und Zwangsarbeiter*innen

Cheikh Djibril Kane (Wuppertal): Kolonialsoldaten aus dem Senegal

Grußwort: Helge Lindh (Wuppertal) MdB, kulturpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion

Karima Benbrahim ist Diplompädagogin und Konflikt Mediatorin. Sie leitet das „Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit in Nordrhein-Westfalen“ (IDA-NRW) mit Sitz in Düsseldorf. Sie ist Mitautorin von: Belyouaou, Mariam/Benbrahim, Karima (2023): In(visible) Stories. Maghrebinische Zwangsarbeiter*innen in der NS-Zeit.

Cheikh Djibril Kane ist Historiker und Aktivist aus Wuppertal, der sich seit über 20 Jahren in der Demokratie- und Integrationsförderung engagiert. Als Vorsitzender des Jappoo e.V. und Vorstandsmitglied der ADAGE (Afrikanische Deutsche Gemeinschaft e.V.) setzt er sich für die Sichtbarmachung der afrikanischen Diaspora und die Förderung interkulturellen Dialogs in Deutschland ein. Seine Forschungsarbeit konzentriert sich auf Kolonialsoldaten aus dem Senegal im Ersten Weltkrieg, inspiriert durch das Engagement seines Urgroßvaters, der auf französischer Seite kämpfte.

16.4.1945 – Wuppertaler Befreiungstag

80 Jahre Hitler kaputt! 80 Jahre Befreiung vom Faschismus!
Dank an die alliierten Soldaten und Partisan*innen aus aller Welt!

9:00 Uhr Rathaus Barmen

Abfahrt Bustour zu den Wuppertaler Erinnerungsorten der NS-Zeit mit den Angehörigen der 

Widerstandskämpfer*innen und NS-Verfolgten

13:00 Uhr Färberei Gemeinsames Mittagessen

15:00 Uhr Empfang im Rathaus Barmen

16.4.2025 ab 19:00 Uhr Färberei

Wuppertaler Befreiungsfest

Es sprechen:


Prof. Heinz Sünker, Bergische Universität Wuppertal

Prof. Robert F. Teitel (Washington / USA) Holocaust-Überlebender

Miman Jasarovski: Mein Opa der Partisan. Roma in der jugoslawischen Partisan*innenarmee

Cheikh Djibril Kane: Die vergessenen Befreier aus Marokko und dem Senegal

Hilde Vivijs, Tochter des belgischen Widerstandskämpfers Louis Vivijs (Widerstandsgruppe De Zwarte Hand)



Konzert mit:

Orfeas

Clørix

Microphone Mafia


Unser 8. Mai ist der 16. April 1945!


„Wir wurden am 16. April in der Fabrik erobert, wie wir uns über die Befreiung gefreut haben, das können Sie sich nicht vorstellen. Alle Franzosen, Italiener, Russen, Ukrainer, alle küssten sich, umarmten sich, weil wir frei waren. Dann brachten uns die Amerikaner in allgemeine Kasernen, sie begannen uns aufzupäppeln, sie verteilten uns auf Dörfer, um uns leichter abzufüttern, dann schickten sie uns in die Heimat.“

Am 15/16. April 1945 befreiten Soldaten der 78. und 8. Infantry-Division der US-Army Wuppertal. Kurz nach der Befreiung strömten sowjetische und französische Kriegsgefangene und ZwangsarbeiterInnen aller Nationen aus den Fabriken und Lagern in die Innenstädte, feierten ihre Befreiung und eigneten sich in Lebensmittelgeschäften und Kaufhäusern Waren an. Höhepunkt der Feiern war sicher die Besetzung des Wuppertaler Polizeipräsidiums durch Zwangsarbeiter:innen. Spontan besetzten sie die Büros der Gestapo und warfen Akten aus den Fenstern. Das Präsidium war für ZwangsarbeiterInnen und politische GegnerInnen des Nationalsozialismus ein Ort des Schreckens.Im Polizeipräsidium wurden zahllose Menschen festgehalten, gedemütigt, gefoltert und totgeschlagen. Aus dem Polizeipräsidium wurden noch kurz vor Kriegsende Zwangsarbeiter:innen und politische Gefangene zu Hinrichtungsorten der Wuppertaler Gestapo geführt.

Staf Vivijs, damals 20 Jahre alt und ein Überlebender der belgischen Widerstandsgruppe Zwarte Hand, schrieb 1985 in seinen Erinnerungen zu seiner Haftzeit im Gefängnis Bendahl:
„Es ist schwer zu sagen, was mich in Wuppertal am schlimmsten gequält hat. Die Einsamkeit, die Sehnsucht, der Hunger, die Abstumpfung, die Demütigungen der Schließer, ihre Betrügereien, die Bestrafung von tatsächlichen oder vermeintlichen Vergehen oder der Hass in den Augen dieser Übermenschen! Oder war es manchmal das monotone Knirschen jener Schwebebahn, die den nördlichen und südlichen Teil der kilometerlangen Stadt über der Wupper verbindet und die mich jeden Morgen früh durch das düstere Geräusch aus dem alles vergessenden Schlaf weckte? Die Antwort muss ich hier schuldig bleiben.“