Info- & Mobilisierungsveranstaltung gegen den Naziaufmarsch am 23.11. in Remagen

Treffpunkt zur gemeinsamen Anreise aus Wuppertal:
23. November 2013 | 08.10 Uhr | City-Arkaden (Wuppertal-Elberfeld)

Auch 2013 ist ein „Trauermarsch“ in Remagen angemeldet. Der Aufmarsch findet seit 2009 jährlich statt und hat sich zum größten Naziaufmarsch in Rheinland-Pfalz entwickelt.

Nationale Sozialisten Wuppertal - Naziaufmarsch in Remagen 2012
Mitglieder der „Nationalen Sozialisten Wuppertal“ beim „Trauermarsch“ am 24. November 2012 in Remagen

Im letzten Jahr haben rund 160 Nazis, darunter viele aus Wuppertal, den Weg nach Remagen gefunden. Bis 2011 organisierte das „Aktionsbüro Mittelrhein“ den Naziaufmarsch. Mitglieder der Kameradschaft müssen sich jedoch seit 2012 wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung vor dem Landgericht in Koblenz verantworten. Im letzten Jahr übernahmen daher Nazis aus NRW die Organisation des „Trauermarsches“, die Infrastruktur stellte „Die Rechte Dortmund“.
Beim Prozess gegen das „Aktionsbüro Mittelrhein“ wurde deutlich, dass die Naziaktionen in den Jahren 2010 und 2011 in Wuppertal (Cinemaxx-Überfall, Überfall auf einen Info-Stand im Vorfeld des Naziaufmarsches, Naziaufmarsch am 29. Januar 2011, etc.) Teil einer gemeinsamen geplanten Nazioffensive der regionalen Strukturen waren.
Bei der Veranstaltung berichten Aktivist*innen über die Hintergründe des Naziaufmarsches und die geplanten antifaschistischen Aktivitäten. Die Veranstaltung findet im Rahmen des Antifa-Cafés statt.
Donnerstag, 14. November 2013 | 19:30 Uhr
Autonomes Zentrum Wuppertal | Markomannenstr. 3

2012
Nationale Sozialisten Wuppertal - Naziaufmarsch in Remagen 2012
Nationale Sozialisten Wuppertal - Naziaufmarsch in Remagen 2012
ganz links: Thomas Dahm; in der Mitte: Sascha Pohlmann; ganz rechts: Christian Dahlhoff
Nationale Sozialisten Wuppertal - Naziaufmarsch in Remagen 2012
von links: Dennis Kristmann, Manfred Breidbach (Die Rechte Düsseldorf/Mettmann), Nadine Braun (Die Rechte Düsseldorf/Mettmann)
Nationale Sozialisten Wuppertal - Naziaufmarsch in Remagen 2012
in der mittleren Reihe von links: Tobias Maczewski, Natalie Märtens
Nationale Sozialisten Wuppertal - Naziaufmarsch in Remagen 2012
hinter dem Transparent in der Mitte: Daniel Borchert
2011
Nationale Sozialisten Wuppertal - Naziaufmarsch in Remagen 2011
Nationale Sozialisten Wuppertal - Naziaufmarsch in Remagen 2011
von links: Kevin Koch, Mike Dasberg, Yvonne Faust
Nationale Sozialisten Wuppertal - Naziaufmarsch in Remagen 2011
von ganz links: Dennis Kristmann, Sascha Pohlmann, Daniel Borchert, Michael Schneider (Solingen), Sebastian „Sebba“ Diehl (Freie Nationalisten Siegen)
2010
Nationale Sozialisten Wuppertal - Naziaufmarsch in Remagen 2010
Nationale Sozialisten Wuppertal - Naziaufmarsch in Remagen 2010
Nationale Sozialisten Wuppertal mit eigenem Transparent

Hintergrundinformationen:
http://remagen2013.blogsport.de/hintergrund/
Info- & Mobilisierungsveranstaltung gegen den Naziaufmarsch am 23.11. in Remagen
„NS Ver­herr­li­chung stop­pen! Nazis in Re­ma­gen ent­ge­gen­tre­ten“
Gegen den Na­zi­auf­marsch am 23. No­vem­ber

Ob Dres­den, Bad Nenn­dorf oder auch die Auf­mär­sche für den Hit­ler-​Stell­ver­tre­ter Ru­dolf Heß in Wun­sie­del An­fang der 2000er Jahre: so­ge­nann­te Ge­denk-​ oder Trau­er­auf­mär­sche stel­len mitt­ler­wei­le einen fes­ten und wich­ti­gen Be­stand­teil neo­na­zis­ti­scher Er­leb­nis­kul­tur dar. Auch in Rhein­land-​Pfalz gibt es seit Jah­ren Be­mü­hun­gen, einen sol­chen Auf­marsch in Re­ma­gen, einer Klein­stadt zwi­schen Ko­blenz und Bonn als Sze­ne-​Event zu eta­blie­ren. Wir, das Bünd­nis NS Ver­herr­li­chung stop­pen!, wol­len uns mit den lo­ka­len und ge­samt­deut­schen Op­fer­my­then kri­tisch aus­ein­an­der­set­zen. Vor allem aber wer­den wir dem Na­zi­auf­marsch in Re­ma­gen ent­schlos­sen ent­ge­gen­tre­ten.
Die so­ge­nann­ten „Rhein­wie­sen­la­ger“
Am 7. März 1945 konn­ten al­li­ier­te Trup­pen über­ra­schen­der­wei­se die da­ma­li­ge Lu­den­dorff-​Brü­cke, heute viel­mehr als „die Brü­cke von Re­ma­gen“ be­kannt, ein­neh­men. Eine von Wehr­machts­sol­da­ten durch­ge­führ­te Spren­gung miss­glück­te, die Brü­cke hielt vor­erst stand. Die Ein­nah­me der Brü­cke er­mög­lich­te den ame­ri­ka­ni­schen Trup­pen und be­tei­lig­ten bel­gi­schen und bri­ti­schen Sol­da­ten den ers­ten Vor­stoß über den Rhein und damit ins Zen­trum Na­zi-​Deutsch­lands. Dar­auf fol­gen­de Siege der Al­li­ier­ten und schluss­end­lich die Ka­pi­tu­la­ti­on Na­zi-​Deutsch­lands am 08. Mai 1945 stopp­ten die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Mord­ma­schi­ne­rie. In Folge des­sen er­rich­te­ten die Al­li­ier­ten 18 bis 20 Ge­fan­ge­nen­la­ger, die meis­ten ent­lang des lin­ken Rhein­ufers, zwi­schen Bü­de­rich (bei Wesel, NRW) und Heil­bronn. Diese pro­vi­so­ri­schen Ein­rich­tun­gen dien­ten als Sam­mel­stel­le für un­ter­schied­li­che Ge­fan­ge­ne und hat­ten die Funk­ti­on eines „Durch­gangs­la­gers“. So be­stand das so­ge­nann­te „Rhein­wie­sen­la­ger“ in Re­ma­gen nur zwi­schen April und Ende Juni 1945. Durch die kurz­fris­ti­ge Er­rich­tung der Lager, waren die Ver­sor­gungs­la­ge und die hy­gie­ni­schen Zu­stän­de an­fangs schlecht, bes­ser­ten sich dann al­ler­dings schnell. Dies muss aber im Kon­text zu den un­mit­tel­ba­ren Fol­gen des Krie­ges, wie wo­chen­lan­ger Un­ter­ernäh­rung, Er­schöp­fung, den dar­aus re­sul­tie­ren­den Krank­hei­ten und der all­ge­mei­nen Ver­sor­gungs­knapp­heit nach Kriegs­en­de ge­se­hen wer­den. Im Re­ma­ge­ner Rhein­wie­sen­la­ger sind knapp 1200 Tote be­legt, wel­che auch auf Fried­hö­fen in der Ge­gend um Re­ma­gen be­er­digt sind. Nach se­riö­sen Rech­nun­gen sind in allen so­ge­nann­ten „Rhein­wie­sen­la­gern“ ins­ge­samt zwi­schen 5.​000 und 10.​000 In­sas­sen ums Leben ge­kom­men.¹ Diese Zahl ist dabei in Re­la­ti­on zu der Ge­samt­an­zahl von etwa 1.​000.​000 Ge­fan­ge­nen zu be­trach­ten.
Die Na­zi­auf­mär­sche und das deut­sche „Ge­den­ken“
Neo­na­zis aus der Re­gi­on haben be­reits vor Jah­ren die so­ge­nann­ten „Rhein­wie­sen­la­ger“ für sich ent­deckt. Ein ers­ter, an­ge­mel­de­ter Auf­marsch fand sym­bo­lisch am 08. Mai 2005 statt. In den Jah­ren dar­auf gab es in Re­ma­gen und den um­lie­gen­den Orten durch die Neo­na­zis klei­ne­re Ak­tio­nen. Seit 2009 gibt es dar­über hin­aus wie­der einen kon­ti­nu­ier­li­chen Auf­marsch, je­weils um den Volkstrau­er­tag herum.
Fe­der­füh­rend bei der Or­ga­ni­sa­ti­on sind, neben dem lang­jäh­ri­gen An­mel­der Chris­ti­an Mal­coci und Ralph Te­ge­t­hoff, vor allem Per­so­nen des Ak­ti­ons­bü­ros Mit­tel­rhein. Te­ge­t­hoff ist eine Füh­rungs­fi­gur der mi­li­tan­ten Neo­na­zis in Deutsch­land und Chef der Ka­me­rad­schaft Sturm 08/12 aus dem Raum Bonn/Sieg­burg. Ent­schei­den­de Per­so­nen des Ak­ti­ons­bü­ros Mit­tel­rhein waren die Füh­rungs­ka­der Sven Lo­beck aus Mül­heim-​Kär­lich bei Ko­blenz und Chris­ti­an Häger aus Bad Neue­nahr-​Ahr­wei­ler. Seit­dem sich das ehe­ma­li­ge Ak­ti­ons­bü­ro Mit­tel­rhein wegen des Ver­dachts auf Bil­dung einer kri­mi­nel­len Ver­ei­ni­gung vor Ge­richt ver­ant­wor­ten muss, über­neh­men ins­be­son­de­re Kader der Na­zi-​Kleinst­par­tei „Die Rech­te“ lo­gis­ti­sche Auf­ga­ben. „Die Rech­te“ ist aus der nord­rhein-​west­fä­li­schen Ka­me­rad­schafts­sze­ne her­vor­ge­gan­gen. Das Um­feld des ehe­ma­li­gen Ak­ti­ons­bü­ros Mit­tel­rhein tritt mitt­ler­wei­le unter dem Label „JN-​Ahr­tal“ als Ju­gend­or­ga­ni­sa­ti­on der Neo­na­zi­par­tei NPD auf. Der Auf­marsch in Re­ma­gen ent­wi­ckel­te sich in den letz­ten Jah­ren zu einer re­gel­mä­ßi­gen Ver­an­stal­tung mit 200-​300 Teil­neh­me­rIn­nen, und damit zum größ­ten Na­zi­auf­marsch zwi­schen Köln und Frank­furt. Somit ist der Na­zi­auf­marsch in Re­ma­gen zur größ­ten jähr­lich statt­fin­den­den Ak­ti­on der Na­zi­sze­ne in Rhein­land-​Pfalz ge­wor­den. Im Jahr 2012 brö­ckel­te der Auf­marsch, nicht zu­letzt be­dingt durch staat­li­che Re­pres­si­on gegen die mi­li­tan­te Ka­me­rad­schafts­sze­ne in NRW und dem nörd­li­chen Rhein­land-​Pfalz, auf 160 Teil­neh­me­rIn­nen.
Die Neo­na­zis sti­li­sie­ren bei ihrem Auf­marsch die so­ge­nann­ten „Rhein­wie­sen­la­ger“ zu „Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern“ der Al­li­ier­ten, in denen sys­te­ma­tisch Deut­sche er­mor­det wor­den seien. Die von ihnen her­bei hal­lu­zi­nier­te Zahl von über einer Mil­lio­nen To­des­op­fern be­weist schon in Re­la­ti­on zu der Ge­samt­zahl der in den „Rhein­wie­sen­la­gern“ in­ter­nier­ten Ge­fan­ge­nen reich­lich Ab­sur­di­tät. In bes­ter re­vi­sio­nis­ti­scher Ma­nier, set­zen sie den deut­schen Kriegs­ver­bre­chen des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus und der mil­lio­nen­fach be­gan­ge­nen ad­mi­nis­tra­ti­ven Ver­nich­tung von Men­schen einen, an­geb­lich von Al­li­ier­ten in­iti­ier­ten Ge­no­zid ähn­li­chen Um­fangs ent­ge­gen.
Dass sich die Nazis dem Thema der „Rhein­wie­sen­la­ger“ an­neh­men kön­nen, um die­ses szen­ein­tern als Mo­bi­li­sie­rungs­po­ten­zi­al aus­zu­schlach­ten, ist lo­gisch. Den­noch bie­tet die The­ma­tik, wenn auch nicht die Form des „Ge­den­kens“ durch Auf­mär­sche und plum­pe NS-​Ver­herr­li­chung, Mög­lich­kei­ten, in­halt­lich ins lo­ka­le, bür­ger­li­che Spek­trum hin­ein an­zu­schlie­ßen. Ins­be­son­de­re in der lo­ka­len Er­in­ne­rungs­kul­tur in den Re­gio­nen um die „Rhein­wie­sen­la­ger“ herum, ran­ken und näh­ren sich seit Kriegs­en­de zahl­rei­che My­then um Leid und Kriegs­ge­fan­gen­schaft. In Re­ma­gen kon­kret, bil­de­ten sich sol­che My­then rund um die von dem NS-​Bild­hau­er Adolf Wam­per und In­sas­sen des „Rhein­wie­sen­la­gers“ ent­wor­fe­ne Lehm­fi­gur „Schwar­ze Ma­don­na“. Diese wird ein­mal jähr­lich in einer Ka­pel­le in un­mit­tel­ba­rer Nähe zur „Mah­nung“ an das ehe­ma­li­ge „Rhein­wie­sen­la­ger“ aus­ge­stellt. Das bür­ger­li­che Ge­den­ken in Re­ma­gen muss dabei auch im Kon­text des bun­des­deut­schen Er­in­ne­rungs­dis­kur­ses be­trach­tet wer­den: Unter dem Deck­man­tel von „Ver­bre­chen gegen die Mensch­lich­keit“ und hu­ma­ni­tä­ren Be­grün­dun­gen soll im Land der selbst­er­nann­ten ge­läu­ter­ten Er­in­ne­rungs­welt­meis­ter zu­neh­mend auch kon­stru­ier­ten deut­schen Op­fern ge­dacht wer­den. Die Ur­sa­che, der deut­sche An­griffs-​ und Ver­nich­tungs­krieg, wel­cher für die Deut­schen erst in Kriegs­ge­fan­gen­schaft mün­de­te, wird tem­po­rär aus­ge­blen­det. Oft wird dabei im End­ef­fekt Schuld und Leid ab­ge­rech­net, und Bom­ben auf deut­sche Städ­te mit dem in­dus­tri­el­len Mas­sen­mord ver­gli­chen. Deut­sche Tä­te­rIn­nen und die da­ma­li­ge „Volks­ge­mein­schaft“ wer­den somit nach­träg­lich als Opfer re­ha­bi­li­tiert.
23.​November – Den Nazis ent­ge­gen­tre­ten! In der Pro­vinz! In Re­ma­gen!
Wir wol­len es nicht hin­neh­men, dass im fünf­ten Jahr in Folge Neo­na­zis in Re­ma­gen weit­ge­hend un­ge­stört auf­mar­schie­ren kön­nen. An­ti­fa­schis­ti­sche Ge­gen­pro­tes­te vor Ort wur­den in den ver­gan­ge­nen Jah­ren kri­mi­na­li­siert und klein ge­hal­ten.² Damit muss Schluss sein! Wir wer­den am 23. No­vem­ber 2013 so­li­da­risch mit den fort­schritt­li­chen Tei­len der Zi­vil­ge­sell­schaft und ak­ti­ven Na­zi­geg­nern in der Pro­vinz dem Na­zi­auf­marsch ent­ge­gen­tre­ten. Ge­ra­de des­halb wer­den wir auch Teile des lo­ka­len Ge­den­kens kri­ti­sie­ren. Ohne die Re­fle­xi­on der Be­din­gun­gen und Ver­hält­nis­se, die zu deut­schem Grö­ßen-​ und Ras­sen­wahn führ­ten und als eine deren Folge die so­ge­nann­ten „Rhein­wie­sen­la­ger“ ent­stan­den, ist eine ehr­li­che und schließ­lich eman­zi­pa­to­ri­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit dem deut­schen Na­tio­nal­so­zia­lis­mus nicht mög­lich.
Kommt am 23. No­vem­ber zur an­ti­fa­schis­ti­schen Demo und zum an­schlie­ßen­den Pro­test gegen den Na­zi­auf­marsch in Re­ma­gen! NS Ver­herr­li­chung stop­pen! Deut­sche My­then ins Wan­ken brin­gen! Gegen jeden Ge­schichts­re­vi­sio­nis­mus!
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1: Rü­di­ger Overmans (1995): Die Rhein­wie­sen­la­ger 1945, in: Hans-​Erich Volk­mann (Hrsg.): Ende des Drit­ten Rei­ches, Ende des Zwei­ten Welt­kriegs. Eine per­spek­ti­vi­sche Rück­schau.
2: In Folge des Na­zi­auf­mar­sches 2010 kam es zu mas­si­ver Re­pres­si­on gegen An­ti­fa­schis­tIn­nen, die zu zwei Ge­richts­ver­fah­ren führ­te. Mehr Infos: www.​remagensoli.​blogsport.​de